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Berlin: Immer im Einsatz

Das Schultergelenk ermöglicht enorme Bewegungsradien und hält Belastungen lange aus. Doch ist es abgenutzt, muss oft eine Prothese eingepflanzt werden

Wozu dient das Schulterglenk, wie ist es aufgebaut und wann ist es krank?

Tennisspieler schlagen Bälle mit über 200 km/h durch die Luft, Handballspieler schmettern mit weit ausholenden Würfen das Leder ins Tor. Mechaniker schrauben über Kopf Autos zusammen. Bauarbeiter zertrümmern mit Presslufthämmern den Asphalt – immer ist unser Schultergelenk dabei im Einsatz.

Das Gelenk besteht aus dem Oberarmkopf und der Gelenkpfanne des Schulterblattes. Im Vergleich zum Hüftgelenk, bei dem der Oberschenkelkopf fest von der Gelenkpfanne umschlossen wird, um die Last des Körpergewichts zu tragen, umfasst die Schulterpfanne den Oberarmkopf nur leicht. Statt der Knochen stabilisieren Muskeln, Bänder und Sehnen das Gelenk. Einerseits können wir dadurch die Schulter in nahezu jede Richtung bewegen. Andererseits renken wir uns das Gelenk auch schneller aus.

Die beiden Gelenkflächen sind mit einer elastischen, glatten Knorpelschicht überzogen und durch eine dickflüssige Gelenkschmiere getrennt, die verhindert, dass beide Knochen aneinanderreiben. Bei einer Schultergelenkarthrose, Mediziner sprechen von einer Omarthrose, ist der Knorpel durch Abnutzung, Fehlbelastungen oder Unfälle beschädigt oder zerstört. Zu Beginn der Krankheit sind die Oberflächen des Knorpels angeraut und zeigen kleine Risse. Oft bleibt dieses Frühstadium unbemerkt, da es keine Schmerzen verursacht. Erst wenn sich die Furchen tief in den Knorpel getrieben haben und erste Stellen des Knochens blank liegen, tut es weh. Im Endstadium liegen die Gelenkknochen frei und reiben knirschend aneinander. Das kann dazu führen, dass der Arm gar nicht mehr bewegt werden kann.

Wie macht sich der Schaden bemerkbar?

Menschen, die unter einer Schulterarthrose leiden, können ihren Arm nicht so bewegen wie Gesunde. Besonders kreisförmige Bewegungen fallen ihnen schwer. „Oft ist es jedoch erst der Schmerz bei Bewegungen und Belastungen, der die Betroffenen einen Orthopäden aufsuchen lässt“, sagt Falk Reuther, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der DRK Kliniken Berlin-Köpenick. Ist der Knorpel schon stark beschädigt, quält das Gelenk den Patienten auch, wenn es nicht bewegt wird.

Ohne die Knorpel lastet auf dem Gelenk ein größerer Druck: Um Oberarmkopf und Gelenkpfanne bildet sich eine ringförmige Knochenwulst, eine Gegenreaktion des Körpers. Damit soll die Auflagefläche der Gelenkteile vergrößert und so der Druck vermindert werden. Der Knorpel wird jedoch weiter geschädigt.

Welche Faktoren lösen eine Schulterarthrose aus?

Zum einen kann sie Folge einer langjährigen Abnutzung des Knorpels sein. Denn dieser kann sich nicht regenerieren. Wodurch er geschädigt wird, ist noch unklar. Forscher vermuten, dass Tabakkonsum einen negativen Einfluss ausübt.

Zum anderen kann das Gelenk durch Unfälle verletzt werden. Eine häufige Ursache sind Ausrenkungen der Schulter. Besonders Sportler, wie beispielsweise Tennisprofis, die mit schnellen und stark überdehnenden Bewegungen den Ball schmettern, leiden unter verschlissenen Gelenken. Kleine, oft nicht schmerzende Verletzungen, sogenannte Mikrotraumata, degenerieren den Knorpel. Auch bestimmte berufliche Belastungen, wie die Arbeit mit dem Presslufthammer, können die Gelenke schädigen.

Wie wird die Erkrankung festgestellt?

Um eine Schulterarthrose nachzuweisen, durchleuchten Orthopäden das Gelenk mit Röntgenstrahlen. Bei einer Schädigung sind auf den Bildern aneinandergedrückte oder verformte Knochen erkennbar. Ultraschall und Aufnahmen der Schulter mit der Kernspintomographie zeigen den Zustand der umgebenden Muskeln, Sehnen und Bänder.

Wie wird sie behandelt?

Arthrosen sind nicht heilbar. Da die Entstehung einer Omarthrose bislang unklar ist, können nicht die Ursachen, sondern nur die Symptome behandelt werden. Krankengymnastik, Akkupunktur oder Magnetfeldtherapie verlangsamen den Verlauf, halten ihn jedoch nicht auf. Medikamente lindern den Schmerz und hemmen Entzündungen. In das Gelenk gespritzte Spezialpräparate können die Schulter vorübergehend schmieren.

Oft reizen in der Gelenkschmiere gelöste Knorpelstückchen die umgebende Schleimhaut. Eine Schultergelenksspiegelung mit Spülung und Reinigung kann diesen Schmerz lindern. Sie wird minimalinvasiv, das heißt über sehr kleine Hautschnitte, durchgeführt. Wie stark und wie lange der Patient so von seinen Schmerzen befreit wird, ist jedoch ungewiss.

Wann ist eine Gelenkprothese nötig?

Im fortgeschrittenen Stadium der Schulterarthrose setzen Chirurgen eine Gelenkprothese ein. Sie besteht aus zwei bis drei Teilen: Die neue Kunststoffpfanne ersetzt die verschlissene Pfanne. Ihr Gegenstück, der Oberarmkopf, wird durch einen hochpolierten Metallkopf ausgetauscht, der eine reibungsarme Bewegung ermöglicht. Meist ist dieser an einem Titanschaft befestigt, den der Chirurg im Oberarmknochen verspannt oder einzementiert. In stabile Knochen kann der Operateur auch einen schaftlosen Oberflächenersatz nageln. Dabei wird der Oberarmkopf nicht abgesägt, sondern nur ein Loch in ihn hineingefräst.

Ältere Patienten leiden jedoch oft unter degenerierten Sehnen und Muskeln. Eine sogenannte Inverse Prothese kann ihnen helfen. Sie ermöglicht es, dass der Deltamuskel, der unsere Schulter umschließt und stabilisiert, die Funktion der erschlafften Sehnen und Muskeln übernimmt. Aufgrund der nicht anatomischen Form birgt sie aber auch mehr Risiken, wie eine frühzeitige Auslockerung.

Wie gut stehen die Behandlungschancen?

„Viele Patienten erlangen ihre volle Beweglichkeit zurück, wenn der Muskel-, Bänder- und Sehnenapparat nicht zu stark degeneriert ist“, sagt der Chirurg Falk Reuther. Daher sei es wichtig, nach einer diagnostizierten Arthrose nicht zu lange auf den chirurgischen Eingriff zu warten, um die volle Lebensqualität wiederherstellen zu können. Denn „je länger man wartet, desto schlechter werden die Ergebnisse“. Bei geringem Verschleißgrad der Gelenkpfanne, der umgebenden Muskeln, Sehnen und Bänder sowie bei der richtigen Wahl der Prothese und einem erfahrenen Chirurgen „funktionieren 90 Prozent der Prothesen nach zehn Jahren noch gut“, so der Experte.

Welche Risiken bestehen?

Neben den allgemeinen Komplikationen, die infolge einer Operation drohen – wie Thrombosen (das sind plötzlich auftretende Blutgerinnsel), die Verletzung von Nerven oder Wundinfektionen – können auch Risiken durch die Implantate selbst entstehen. Ist jedoch der Muskel- und Sehnenapparat intakt, treten Schwierigkeiten, wie die Ausrenkung des Gelenks, nur selten auf. Auch Knochenbrüche und Lockerungen der Prothesen sind selten.

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