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Berlin: Immer mehr Hooligans prügeln gemeinsam mit Nazis

Innensenator: Vermischung erhöht Gewaltbereitschaft der Extremisten. Rechte demonstrieren am Sonnabend in Treptow – Gegenproteste angekündigt

Von Jörn Hasselmann

Die Verbindungen zwischen Neonazis und Hooligans sind enger als vermutet. Bei einem Abgleich der Daten von Landeskriminalamt und Verfassungsschutz ergab sich, dass jeder Achte der 1200 Berliner Rechtsextremisten bereits bei Fußballspielen aufgefallen ist. Dies teilte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses mit. Von diesen 150 Personen soll nach Angaben Körtings ein Drittel Neonazigruppen wie den „Freien Kräften“ oder den „Autonomen Sozialisten“ angehören, zwei Drittel sind keiner festen Gruppe zuzurechnen. Diese 150 Hooligans sollen je zu einem Drittel den Vereinen BFC Dynamo, Union Berlin und Hertha BSC angehören. „Die Schnittmenge ist Ausländerfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft“, sagte Körting. Durch die Vermischung mit den Hooligans ist die Gewaltbereitschaft der rechten Szene gestiegen, hieß es. Körting kündigte an, diese Verbindungen „sehr aufmerksam zu beobachten“. Ob bei der jüngsten Prügelei der Hooliganszene zwischen Berliner und polnischen Fußballgewalttätern vor einer Woche in Brandenburg bekannte Rechtsextremisten waren, sei noch nicht bekannt.

Die Gewaltbereitschaft hat nach Einschätzung des Verfassungsschutzes nicht nur gegen die linke Szene zugenommen, sondern auch gegen Polizeibeamte, sagte die Chefin des Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, gestern. Hintergrund seien auch die jüngsten Niederlagen der Neonaziszene bei Demonstrationen. Diese waren bei dem Aufmarsch zum 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai in Berlin und danach im November in Potsdam und in Halbe von jeweils einer großen Zahl von Gegendemonstranten am Marschieren gehindert worden. Körting sagte, dass in der rechten Szene derzeit intensiv über die Gewaltfrage diskutiert werde. So sei es vorstellbar, dass künftig auch die Rechte – nach linkem Vorbild – bei Demos versuchen werde, durch Polizeiabsperrungen zu brechen.

Schon am morgigen Sonnabend könnte dies passieren. Denn mehrere tausend Menschen wollen sich dem Aufzug von Neonazis in Treptow in den Weg stellen. 200 Rechtsextremisten wollen sich unter dem Motto „Jugend braucht Perspektiven“ um 11 Uhr am S-Bahnhof Schöneweide sammeln. Ein ähnlicher Aufmarsch im Vorjahr war von der mittlerweile verbotenen Kameradschaft „Baso“ organisiert worden. In diesem Jahr wurde die Demo von Sebastian Schmidtke angemeldet, als Drahtzieher im Hintergrund gilt jedoch der Gründer und Chef des „Märkischen Heimatschutz“ (MHS), Gordon Reinholz.

Gegen den Nazimarsch ist eine Vielzahl von Protesten angemeldet worden, an denen sich sämtliche Parteien, der DGB und das Bezirksamt Treptow beteiligen. Die Gegendemonstrationen beginnen ebenfalls gegen 11 Uhr an mehreren Abschnitten des Sterndamms.

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