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Immobilien Holding: Steuerzahler behalten ihren teuren Kramladen

Tankstellen, Wohnungen, Gewerbeflächen und Senioreneinrichtungen: Nach geplatztem Verkauf der Berliner Immobilien Holding sollen nun kleinere Grundstückspakete verkauft werden.

Mit dem geplatzten Verkauf der Berliner Immobilien Holding (BIH) bleibt das Land auf einem teuren Gemischtwarenladen sitzen. Wie teuer, hängt von den jeweils aktuellen Rahmenbedingungen ab. Finanzsenator Ulrich Nußbaum nannte eine Größenordnung des Defizits von 140 Millionen Euro. Zum einen resultiert der Verlust rund zur Hälfte aus dem Zins für die Kredite, die mit rund 4,6 Milliarden Euro den Marktwert des Portfolios übersteigen. Immerhin sind die Zinsen zurzeit noch niedrig – was sich mit zunehmender Inflationsgefahr bald ändern kann. Zum anderen verändert sich der Wert des bunten Immobiliengemischs aus Tankstellen, Wohnungen, Gewerbeflächen und Senioreneinrichtungen in ganz Deutschland ständig. Nußbaum erklärt das Phänomen am Beispiel eines Discounters im Westfälischen, der zu den Mietern der BIH zählt: Wenn dessen Vertrag nach zehn Jahren auslaufe und zwischenzeitlich nebenan ein Konkurrent eröffnet habe, fordere der Discounter natürlich für den Anschlussvertrag entweder große Investitionen oder eine geringere Miete. Damit bringt diese Immobilie der BIH weniger Geld – aber die muss den Anlegern 30 Jahre lang feste Renditen abliefern. Daher versucht der Senat seit Jahren diese einst von der Landesbank verkauften „Rundum-Sorglos-Fonds“ von Anlegern zurückzukaufen. Rund 90 Prozent seien wieder in Landeseigentum, sagt Nußbaum.

Gleich zweimal dankte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) seinem Finanzsenator am Dienstag für dessen Verhandlungen. Dass der Senat das Ergebnis wegen mangelnder Transparenz des Käuferkonsortiums nicht akzeptieren könne und nun auf der BIH mit den Altlasten der Bankgesellschaft sitzen bleibe, sei „bedauerlich“.

Die Opposition wählt deutlichere Worte: „Das ursprüngliche Ziel, durch den BIH-Verkauf die Haushaltsrisiken für Berlin auszuschließen, wurde durch ideologische Wohnungsmarktfantasien und das SPD- und Linkspartei-Prinzip ,Rekommunalisierung statt Risikominimierung’ leider völlig in den Hintergrund gedrängt“, moniert FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. Berlin bleibe auf einem Risiko von mehr als vier Milliarden Euro sitzen, weil Nußbaum „unseriös verhandelt“ habe, indem er sich bei Informationen des Parlaments in Widersprüche verstrickt habe, während gleichzeitig Verhandlungsdetails vorab über die Presse bekannt wurden. Damit stehe das Land als fragwürdiger Geschäftspartner da.

CDU-Haushälter Uwe Goetze hält den Verweis des Senats auf mangelnde Transparenz für vorgeschoben: Erst am Dienstag, als das Projekt platzte, seien die entsprechenden Unterlagen beim Parlament eingegangen. Eine gründliche Beratung sei also gar nicht möglich gewesen. Nußbaum werde es deshalb schwer haben in den nächsten Haushaltsberatungen. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop stimmt zumindest in der Forderung nach vollständiger Transparenz derartiger Verträge mit dem Senat überein. Sie erwartet nun von der Regierung eine Erklärung, wie das Defizit der BIH in den nächsten Jahren beglichen werden soll.

Zum letzten Punkt gab Wowereit am Dienstag zumindest die Richtung vor: Er habe seinen Finanzsenator beauftragt, die BIH umzubauen, um ihr Portfolio besser zu vermarkten. Der Gemischtwarenladen soll also aufgeräumt werden. Vielleicht wird so auch der Verkauf von kleineren Immobilienpaketen möglich. Nußbaum sagte, auch beim Management der BIH werde nun ein Umbau fällig.

Parallel soll die Gesellschaft weiter um Käufer für ihr Gesamtpaket buhlen. Theoretisch könnte das sowohl der aktuelle Interessent Altyon sein als auch ein anderer. Praktisch jedoch ist nicht zu erwarten, dass sich die Geldgeber hinter Altyon plötzlich doch noch durchleuchten lassen. Und einen anderen Interessenten, der dem Land die milliardenschweren Risiken abnehmen mag, hat schon Nußbaums Vorgänger Thilo Sarrazin (SPD) vergeblich gesucht.

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