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Berlin: In der Erinnerung an die Einheit entzweit

2001 stimmte die Mehrheit im Bundestag gegen ein Denkmal für den 9. November 1989. Nun gibt es einen neuen Anlauf

Die Tatsachen werden greifbarer, die Rufe lauter und die Rufer prominenter: „Demokratie braucht Erinnerung“, sagen die Befürworter eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin. Auf der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober in Schwerin verkündete Bundestagspräsident Norbert Lammert, dass solch ein Denkmal längst überfällig sei. „Wir haben aus gutem Grund insbesondere in der Hauptstadt zahlreiche auffällige Stätten der Erinnerung an die Verbrechen zweier Diktaturen in Deutschland. Es gibt keinen vernünftigen Grund, nicht auch in ähnlich demonstrativer Weise der Freiheits- und Einheitsgeschichte der Deutschen zu gedenken“.

Am 9. November behandelt der Bundestag einen Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD, „in Erinnerung an die friedliche Revolution im Herbst 1989“ ein Denkmal der Freiheit und Einheit Deutschlands zu errichten, das zugleich die freiheitlichen Bewegungen und die Einheitsbestrebungen der vergangenen Jahrhunderte in Erinnerung ruft und würdigt. Das Denkmal soll im Jubiläumsjahr 2009 in der Mitte Berlins errichtet werden.

Schon einmal, am 9. November 2001, gab es einen Gruppenantrag von insgesamt 177 Abgeordneten. Die Mehrheit lehnte ab, hielt die Zeit für ein solches Denkmal noch nicht für gekommen. Falls jetzt, sechs Jahre später, der Antrag angenommen wird, entscheidet der Bundestag über das finanzielle Volumen und die Ausschreibung eines Wettbewerbs zur künstlerischen Gestaltung. Einen Wettbewerb kleineren Maßstabs gibt es bereits seit März 2007. Er richtete sich an Kunststudenten, Initiator ist die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Sie erhielt 55 Entwürfe von Studenten aus Dresden, Hamburg, Erfurt, Berlin, Leipzig, Regensburg und Dortmund. „Wir freuen uns über die Vielfalt der Entwürfe, mit denen die jungen Künstler den Grundsatzdebatten um das Für und Wider eines solchen Denkmals nun mit konkreten Bildern neuen Auftrieb verleihen werden“, sagt die Geschäftsführerin der Stiftung, Anna Kaminsky.

Die Entwürfe kann man in der Ausstellung „Geschichtscodes 2007“ begutachten, die am Montagabend in der Nikolaikirche eröffnet wird. Bundesminister Wolfgang Tiefensee will über die Bedeutung eines „Denkmals für Freiheit und Einheit“ sprechen, die Entwürfe können bis zum 1. Januar 2008 besichtigt werden. In der Kirche liegt dann sicher auch ein Gästebuch aus, und man darf auf Volkes Meinung gespannt sein, zumal ja die Ausschreibung zu dem zentralen Wettbewerb für Bildhauer und Architekten noch bevorsteht. Dann sollte auch ein Standort gefunden sein, konkreter als bei den Ausschreibungen für den Studentenwettbewerb, wo nunmehr vom „Stadtraum zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz“ die Rede war.

Die „Deutsche Gesellschaft e.V.“, die seit vielen Jahren für das Denkmal wirbt, favorisiert den leeren Sockel auf dem Schlossplatz, wo seit 1897 bis zum Kriegsende ein Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. hoch zu Ross stand. Das „Forum Stadtbild Berlin“ könnte sich den Leipziger Platz vorstellen, andere sprechen vom Pariser Platz, vom Reichstag oder vom Alexanderplatz. Überall gibt es gute Gründe, Für und Wider. Die Entscheidung dürfte spannend werden.

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