zum Hauptinhalt

Berlin: In der ersten Reihe

Einmal hinterm Sprecherpult stehen: Mehr als 6000 Besucher im ARD-Hauptstadtstudio

Wie eine Küche sieht das Tonstudio eigentlich nicht aus. Der Computer, mit dem man O-Töne in Radiobeiträge einbaut, habe trotzdem etwas von einem Gewürzregal, sagt Mona Jörg. Gerade hat sie einen Sportbeitrag aufgenommen und Zitate von Angela Merkel hineingeschnitten. „Sehr professionell“, lobt Mona Jörg, die seit 1971 als Toningenieurin arbeitet, den Sprecher. Gesendet wird der Beitrag wohl trotzdem niemals. Der Sprecher ist nämlich erst elf Jahre alt und einer der mehr als 6000 Besucher, die gestern zum Tag der offenen Tür ins ARD-Hauptstadtstudio kamen.

Wer einmal Kameramann spielen wollte, wissen, wie eine Nachrichtenredaktion arbeitet oder Radiobeiträge geschnitten werden, konnte hier den Profis über die Schulter schauen. 200 Menschen produzieren in dem 1999 eröffneten Hauptstadtstudio jährlich rund 8500 Minuten Fernsehen, darunter die Hälfte aller Tagesschaubeiträge. Darüber hinaus entstehen in dem Gebäude in der Wilhemstraße mitten im Regierungsviertel jährlich rund 25 000 Hörfunkbeiträge für insgesamt 55 Radiostationen.

„Die räumliche Nähe zum politischen Geschehen ist auch in Zeiten von Internet und Telefon enorm wichtig“, sagt Maik Wittenbecher, einer der Sprecher des Hauses. „Nur so kann man schnell reagieren.“

Die Besucher in den sechs Stockwerken interessieren sich jedoch weniger für die geografische Lage als für die Technik des Hauses und stehen Schlange, um sich am Original-Pult des „Berichts aus Berlin“ fotografieren zu lassen. Direkt daneben lassen andere ihren Kopf per Blue- Screen-Technik in ein Foto der Bundeskanzlerin einsetzen. Für die Gewinnerin einer Leser-Aktion, die der Tagesspiegel als Medienpartner des Tages veranstaltet hatte, gibt es einen Sektempfang und ein Treffen mit Tagesschau-Sprecher Marc Bator.

„Unglaublich, wie viele Kulissen in einen einzigen Raum passen“, sagt eine Besucherin nach der Tour durch die Studios. Auch ihre Tochter ist beeindruckt. „Ich habe nicht gewusst, wie kompliziert Fernsehen ist.“

Dass Fernsehen auch Geld kostet, daran erinnert im ersten Stock der Hiphopper Samy Deluxe. Zwar nur als Pappkamerad, doch die Botschaft ist deutlich. „Natürlich zahl’ ich“, steht auf seinem T-Shirt. Der Slogan ist Teil der neuen Kampagne der Gebühreneinzugszentrale, über die sich die öffentlich-rechtlichen Sender finanzieren. Gerade in Berlin scheint Werbung notwendig. Nirgendwo zahlen so wenige Leute ihre Gebühren wie hier – gerade mal 90 Prozent. Moritz Honert

Zur Startseite