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Berlin: In der Landschaft aufgestellt

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Klaus Wowereit kann sich, wie er in einem Interview sagte, nach der Berliner Wahl 2006 eine rotgrün-gelbe Ampelkoalition schwer vorstellen, „so, wie die FDP im Abgeordnetenhaus Politik macht und wie sie personell aufgestellt ist“. Thüringens Ministerpräsident Althaus meinte nach der Bundestagswahl: „Angela Merkel hat einen engagierten Wahlkampf gemacht und die CDU inhaltlich gut aufgestellt.“

Parteien, Fraktionen, Regierungen, Behörden, Fußballmannschaften, Unternehmen – alle halten sich für inhaltlich und personell gut aufgestellt. Nur die Konkurrenz finden sie natürlich schlecht aufgestellt. Das klingt stramm, beinahe militärisch diszipliniert, als stünden sie in Reih und Glied auf dem Exerzierplatz.

Wer nicht gut aufgestellt ist, hat selbstverständlich die Zielstellung, sich besser aufzustellen. Man könnte zwar schlicht von Zielen reden, aber Zielstellung oder Zielorientierung hört sich nach mehr an. Man braucht die Wortkombination zur Bekräftigung. Von daher ergeben sich auch keine Aufgaben und Fragen. Nein, Fragestellungen und Aufgabenstellungen müssen es sein.

Da stehen sie nun, wundervoll aufgestellt oder nicht, mit ihren Zielstellungen und Fragestellungen in der Landschaft, sei es in der Kulturlandschaft, Soziallandschaft oder Unternehmenslandschaft. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) hat sein Konzept vorgestellt, wonach die Mauergedenkstätte Bernauer Straße zu einer „historischen Erinnerungslandschaft“ erweitert werden soll, zu einer „Gedächtnislandschaft“. Deshalb soll auch die „Eingangssituation“ verändert, nicht einfach der Eingang umgestaltet werden. Manche ergehen sich zur Abwechslung in Bereichen, zum Beispiel im Eingangsbereich, im Schulbereich, im Hartz-IV-Bereich, im Haushaltsbereich, Hauptstadtbereich und so fort.

Einerseits kommen sie ohne diese Wortschlangen nicht aus, andererseits drücken sie sich knapp bis zur rohen Verstümmelung aus. Volker Ratzmann (Grüne) sprach neulich in einer Debatte von der „beauflagten Route“ einer Demonstration. Die Polizei hatte Auflagen erteilt. In einem Antrag las ich den Appell an die Deutsche Bahn, den Bahnhof Zoo als „Fernbahnhalt“ zu erhalten. Ferner las ich in diesem Antrag, dass der am Großflughafen Schönefeld vorgesehene unterirdische Bahnhof „planfestgestellt“ wurde. Aus dem Begriff Planfeststellungsbeschluss haben sie bedenkenlos ein untaugliches Verb abgeleitet. Man stelle sich die Konjugation vor: Die Behörde „stellt planfest“, sie wird „planfeststellen“. Ach, es ist zu dumm mit den aufgeblähten und verstümmelten Formulierungen.

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