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Berlin: In der Mitte gespalten

Joachim Zeller ist neuer CDU-Landeschef. Die Kampfabstimmung ging glimpflich aus – und dann gab es doch noch Streit beim Parteitag

Ganz schnell ging das in Phase 1 des Parteitags: Um zwanzig vor zwei war Joachim Zeller der neue Landesvorsitzende, wenn auch mit knapper Mehrheit: 166 der 326 Stimmen hat er bekommen, Peter Kurth, der Gegenkandidat, unterlag mit 149 Stimmen. Zeller forderte Kurth zur Mitarbeit im Landesvorstand auf und hoffte, die wochenlange Personaldiskussion sei nun vorbei.

Es schien ein Hochgeschwindigkeitsparteitag zu werden, den die Berliner CDU am vorläufigen Ende ihrer doppelten Führungskrise erlebte. Die Partei hat sich seit Wochen gefragt, wer sie in Zukunft führen solle – Zeller oder Kurth. Christoph Stölzl, der scheidende Landesvorsitzende mit der feuilletonistisch- tänzelnden Rednergabe, redete seinen Leuten zum Abschied noch mal ins Gewissen. Er hörte stets dann entschiedenen Applaus, wenn er Schwachstellen von Partei und Fraktion benannte: Er lobte Steffels Machtbewusstsein und dessen Fähigkeit, Entscheidungen durchzusetzen – und sagte dann, Macht sei ein „besonderer Saft“, den man besser nur in kleinen Dosen zu sich nähme, „damit man nicht blind und taub wird für die Gefühle der anderen ringsumher“. Da war es, als wolle jene Hälfte der Berliner CDU, die für Steffel wenig übrig hat, diesen noch einmal strafen: tosender Beifall

325 angespannte Delegierte hatten hernach nicht einmal Sinn für eine Aussprache. Sie wollten das vergangene Jahr vergessen und endlich wählen. Joachim Zeller versprach „das in die Partei hineinzutragen, was sie am nötigsten braucht: innere Ruhe und Geschlossenheit“. Die bürgernahe Stadt, die Kommunalpolitik, die Stadt, mal aus der U-Bahn-Perspektive gesehen: So redete Zeller und bekannte sich zu seiner „in zwei Jahren gewachsenen Freundschaft zu Frank Steffel“. Damit war die Trennlinie durch die Partei wieder sichtbar.

Zeller gegen Kurth: Das ist Kommunalpolitik als Stärke gegen den Versuch des CDU-Tunings, den Kurth sich vorgenommen hatte. Kurth wollte Kiez und Hauptstadt, Basisnähe und neue Ideen. Sein Konzept sah vor, Berlin im Bund neu ins Gespräch zu bringen: als Motor der Länderfusion, zugleich als Motor der Debatte über einen Länderfinanzausgleich, der die Berliner Probleme dauerhaft lösen würde. Schärfe und Witz ließ Kurth erkennen: „Mir ist per SMS der Generalsekretär abhanden gekommen“, sagte er zur Personalie Christian Goiny, der ihn hatte hängen lassen. Auf die am Freitag lancierte Attacke eines Verdi-Funktionärs, der Kurth vorwarf, dass Alba 180 Leute entlasse, sagte er mit kühler Schärfe: Er habe „ein Problem mit Gewerkschaften, die sich in ihrer Anmaßung längst zum Standortproblem erster Güte entwickelt haben“. Da war es plötzlich, als wolle die CDU nach allem Ärger sich etwas zutrauen. Beifall, Johlen, die durch Klimaanlage gekühlte Atmosphäre erhitzte sich, und wäre der Landesvorsitzende per Akklamation gewählt worden – Kurth wäre es geworden.

Ein halbe Stunde später, nach Zellers Sieg, waren alle klüger, und mancher schüttelte den Kopf. Das Kopfschütteln sollte in Phase 2 des Parteitags zur Dauerbewegung werden – die Veranstaltung geriet aus der Hochgeschwindigkeitsphase ins Schleudern. Als Zeller den Spandauer Abgeordneten Kai Wegner als Generalsekretär vorschlug, zeigte sich, wie tief der Gegensatz der Gruppierungen in der CDU ist. Wegner fiel durch. Zeller blieb stur, drohte im Gespräch mit den Kreisvorsitzenden mit seinem Rücktritt, überlegte es sich auf dem Weg zum Podium, schlug abermals Wegner vor – der abermals durchfiel. Das Wort vom „Ende in Chaos“ kam auf. Längst sah der neue Landesvorsitzende nicht mehr siegesfroh sondern finster aus. Nicolas Zimmer, der neue Fraktionschef wirkte geradezu grimmig. Kein Wunder: Unter den Delegierten hatte sich Groll aufgebaut. Kurth hatte verloren, er wird dem Landesvorstand nicht mehr angehören – und der neue Landesvorsitzende Joachim Zeller schien nicht verstanden zu haben, worum es nun ging. Mit Gerhard Lawrentz fanden Zeller und die zwölf Mächtigen in der Berliner CDU, die Kreisvorsitzenden, einen Ersatzmann für Wegner: Lawrentz bekam die absolute Mehrheit. Neuer Schatzmeister wurde Ingo Schmitt. Zeller und Zimmer konnten wieder lächeln. Die Frage ist, wie lange.

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