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Protest unterm Schleier. Nur etwa 40 Salafisten hatten sich in der Kreuzberger Markgrafenstraße zur Kundgebung versammelt, die dann aber ausfiel.

© dpa

Berlin: In Schweigen gehüllt

Erst sagt die NPD ihren Protest ab, dann beenden die Salafisten ihre Demonstration mangels Masse. Nur die Polizei ist vollzählig.

Die Polizei hatte sich gut vorbereitet, sehr gut. Die Absperrgitter waren längst aufgestellt, als am frühen Vormittag die ersten bärtigen Salafisten, wetterfest mit Wollmützen, aus Richtung Kochstraße in die Kreuzberger Markgrafenstraße tröpfelten. Die letzten Thermokisten mit heißem Tee wurden gerade an die einzelnen Polizeieinheiten verteilt, die 550 eingesetzten Beamten rechneten mit einem sehr langen Tag. Immerhin hatten die Salafisten ihre Kundgebung in der Markgrafenstraße von 10 bis 22 Uhr angemeldet.

Doch dann kam alles anders. Zuerst hatte, kurz vor dem offiziellen Beginn, die NPD ihre Protestkundgebung gegen die Islamisten abgesagt. Erstes Aufatmen. Es blieben die 30 Protestler von „Pro Deutschland“, überwiegend ältere Männer und wenige Frauen, die von der anderen Seite, von der Lindenstraße, in die Markgrafenstraße kommen, in der Mitte ihr Chef Manfred Rouhs. Doch anders als die gewaltbereiten Neonazi-Kameradschaftler bei der NPD sind die Rechtspopulisten aus polizeilicher Sicht „nicht relevant“, wie es heißt. Rouhs sprach in sein Mikrofon, außer den Sympathisanten hörte aber keiner zu, weil keiner da war. Die Markgrafenstraße war abgesperrt.

100 Meter weiter, hinter zwei Sperrgitterreihen, war der Zuzug bei den Salafisten mittlerweile am Ende. Gekommen waren etwa 20 verschleierte Frauen, manche mit kleinen Kindern, zu einer Gruppe versammelt. Zehn Meter weiter warteten etwa 20 Männer, finster musterten sie die Fotografen. Um 11.15 Uhr griff ihr Anführer erstmals zum Megafon – um die Veranstaltung abrupt zu beenden. Rund 1000 Teilnehmer hatten die Salafisten bei der Polizei angekündigt – und sich damit offenbar zu viel vorgenommen. Der Staatsschutz hatte nur 300 bis 500 Teilnehmer erwartet. Doch es blieb bei den etwa 40, offenbar zu wenig für eine Kundgebung. Auch die zuvor angekündigten Stars der Szene, wie der Prediger Pierre Vogel, fehlten. Einen Grund für das schnelle Ende nannte der Salafisten-Anführer weder übers Megafon noch danach auf Anfrage.

Es war die zweite Niederlage der Salafisten an diesem Ort. Wie berichtet, hatte ihnen der Vermieter des dortigen Festsaals Tage zuvor gekündigt, nachdem er erfahren hatte, wer sich dort treffen wollte. So standen sie nun auf der Straße. Im Laufe des Sonntags fand ein Teil der Salafisten dann Unterschlupf in einem anderen Saal in der Neuköllner Ziegrastraße. Dort mussten aber keine Sperrgitter mehr aufgebaut werden. Jörn Hasselmann

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