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Berlin: Infiziert

Wenn die Regierung den Haushalt vorlegt, schlägt die Opposition drauf ein, zerreißt alles in der Luft und erklärt, was sie besser machen würde. So war es bislang schöne Tradition.

Wenn die Regierung den Haushalt vorlegt, schlägt die Opposition drauf ein, zerreißt alles in der Luft und erklärt, was sie besser machen würde. So war es bislang schöne Tradition. Wer gestern der CDU zuhörte, die sich Thilo Sarrazins Sparprogramm vornahm, glaubte anfangs seinen Ohren nicht zu trauen. Statt das Programm des politischen Gegners zu zerpflücken und ein Gegenkonzept vorzustellen, lobte Unions-Haushälter Alexander Kaczmarek erst einmal ausführlich die Arbeit des SPD-Finanzsenators. Da Nikolaustag war, stellte der CDU-Mann die rhetorische Frage, ob Sarrazin wohl eher die Rute oder Schokolade verdient hätte. Die Antwort des Oppositionsmannes: Er würde dem Senator einen Schokoriegel zugestehen, die Rute bleibt im Sack.

Für das Verhalten gibt es drei mögliche Gründe. Erstens: Der Finanzsenator macht wirklich gute Arbeit – aber das würde eine so kämpferische Partei wie die CDU doch niemals zugeben. Zweitens: Die Vorweihnachtsmilde macht auch vor Politikern nicht halt – aber haben die sich je durch christliche Feste in ihrer Streitlust bremsen lassen? Die dritte Erklärung erscheint die plausibelste – und für Berlins Zukunft furchterregendste: Das Virus der großen Koalition ist aus dem Reichstag entwichen und hat das Abgeordnetenhaus infiziert. (Seite 8)

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