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Tierisches Heilmittel.

© Leben mit Tieren e.V.

Initiative "Leben mit Tieren e.V.": Tierisch gut fürs Gemüt

Mal ein kuscheliges Kaninchen auf dem Schoß halten, mal einen Hund streicheln: Das bewirkt bei manchen älteren Menschen im Pflegeheim Wunder, vor allem, wenn sie sich schon in ihre eigene Welt zurückgezogen haben.

Der Gast ist recht temperamentvoll. Er wittert jeden Kuchenkrümel auf dem Tisch und lässt sich gerne verwöhnen. Aber er hat auch gutes Benehmen. Jede Woche schaut „Herr Müller“, der schwarz-weiß gefleckte Schnauzer, mindestens einmal herein im Seniorenheim „Am Schäferberg“ in Wannsee. Auch sein Frauchen Viola Freidel ist dabei. Die älteren Menschen freuen sich schon Tage vorher auf den Besuch. Sie streicheln Herrn Müller, scherzen, haben ihren Spaß mit ihm. „Selbst hoch betagte oder demente Senioren, die sich bereits ins Schneckenhaus ihrer eigenen Welt zurückgezogen haben, werden plötzlich wieder lebendiger“, sagt Viola Freidel. „So öffnet uns das Tier ein Fenster auch zu verschlossenen Menschen.“ Seit Mitte der 90er Jahre gibt es solche Begegnungen in Berlin. Der Verein „Leben mit Tieren e.V.“ organisiert sie. Mehr als sechzig Zweier-Teams wie „Herr Müller“ und seine Besitzerin besuchen ebenso viele Seniorenheime und Kliniken in der Stadt. Aber es gehört noch mehr zum Service des Vereins. Vor allem ein zweiter Besuchsdienst mit Meerschweinchen und Kaninchen. „Zum Beispiel für Menschen, die sich vor Hunden fürchten oder die Schnauzen einfach nicht mögen“, sagt Viola Freidel. Die 49-Jährige führt seit etlichen Jahren hauptamtlich die Geschäfte des Vereins. Sie weiß, „welche Wunder“ auch ein Häschen bewirken kann. „Wenn so ein Kuscheltier still auf dem Schoß sitzt und sich kraulen lässt oder auf einer Unterlage über die Bettdecke hoppelt, dann strahlen die Leute.“ Ein Bann bricht. Das Warme und Weiche des Tieres, seine schlichte Freude über den Menschen, der es streichelt, lösen Glücksgefühle aus. „Dann sind auch kurze Gespräche wieder besser möglich.“ Der Teufelskreis von Einsamkeit, sozialem Rückzug und Hoffnungslosigkeit werde durchbrochen. Die Erfolge des „tierischen Heilmittels“, egal ob Hund oder Kaninchen, wurden in den vergangenen Jahren von zahlreichen internationalen Universitätsstudien bestätigt. Allein die Anwesenheit eines Hundes im selben Raum senkt bei vielen Menschen den Blutdruck, aktiviert Körper und Geist und lässt manches Zipperlein vorübergehend vergessen, haben Mediziner festgestellt.

Eine solche soziale Arbeit mit Tieren erfordert Kontinuität. Deshalb wählt der Verein „Leben mit Tieren“ seine zwei- und vierbeinigen Helfer sorgfältig aus. Hunde für das Besuchsprogramm können gemixt oder rasserein sein, klein oder groß – das ist egal. Kleine Schnauzen können einem Rollstuhlfahrer auf den Schoß springen, große sind vom Bett aus besser zu knuddeln. Wichtig sind andere Eigenschaften: Die Tiere sollten kontaktfreudig, sanft und ausgeglichen sein und eine gewisse Unempfindlichkeit mitbringen. Sie müssen es auch tolerieren, wenn sie jemand ungeschickt anfasst. Um all dies zu garantieren, werden die Hunde von zwei Veterinärinnen geprüft, die eine spezielle Ausbildung zur Tierverhaltenstherapie haben. Außerdem wird jedes Team vor dem ersten Einsatz intensiv geschult und anfangs von erfahrenen Aktiven des Vereins begleitet. An der Lentzeallee 2 in Schmargendorf unterhält der Verein „Leben mit Tieren“ zudem eine „Mensch-Tier-Begegnungsstätte“ mit verschiedenen Haus- und Hoftieren – von der Ziege bis zu Meerschweinchen. Das ist kein üblicher Streichelzoo, hier lernen Kinder- und Seniorengruppen den artgerechten Umgang mit Tieren und erfahren eine Menge über deren Lebensweisen.

Auf der Website des Vereins schauen Eddy, Luca und Willi den Betrachter an. Drei langjährige Besuchshunde. Füttern, Streicheln, Spielen, mal Clown sein und Menschen zum Lachen bringen – all das gehört zu ihrem Programm. Da hüpft Willi, der kleine Terriermix, schon mal auf den Schoß einer dementen Patientin. Deren Finger streichen durchs Fell. Ein Lächeln zieht über das Gesicht.

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