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Politik, nicht barrierefrei. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) kann sich derzeit nur schwer durchsetzen.

© Thilo Rückeis

Inklusion an Berliner Schulen: Kein Geld für Barrierefreiheit

Das Gerangel um die Inklusion an Berliner Schulen geht weiter. Die Bildungsverwaltung weiß nicht, welche Schulen schon behindertengerecht sind, die Koalition hat nur Sparen im Kopf und Opposition sowie Verbände warnen vor dem Ausbrennen des Begriffs Inklusion, wenn er nur noch mit Sparmaßnahmen verbunden wird.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bekommt Geld für Lehrerfortbildungen, aber nicht für den Ausbau der Barrierefreiheit. Auf diesen Kompromiss haben sich die Koalitionsfraktionen am Donnerstag vor der zweiten Haushaltslesung mit der Senatorin geeinigt. Zuvor hatte es tagelangen Streit um die Kernfrage gegeben, welchen Stellenwert der gemeinsame Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung im Doppelhaushalt 2014/15 erhalten sollte.

Eine große Rolle bei den Vorbereitungen auf die sogenannte Inklusion spielt die Fortbildung der Lehrer und Schulleiter. Die Senatorin ist sich mit allen Fachleuten darin einig, dass die inklusive Schule nur dann starten kann, wenn das Personal entsprechend vorbereitet ist. Aus diesem Grund hatte Scheeres 3,5 Millionen Euro im Doppelhaushalt gefordert. Wie berichtet, hatten die SPD-Bildungspolitiker diese Summe gedrittelt, um andere Haushaltsposten besser auszustatten. Die CDU trug das mit. Scheeres kam ihnen jetzt entgegen, indem sie eigene Kürzungsvorschläge beim Masterplan für den Einsatz digitaler Medien in den Schulen machte.

Keine Einigung erzielten beide Seiten bei der Frage der Barrierefreiheit. Scheeres beanspruchte zwei Millionen Euro. Die SPD-Abgeordneten setzten sich mit ihrem Vorschlag durch, die Barrierefreiheit komplett auf Kosten des Schul- und Sportstättensanierungs-Programms zu finanzieren. Die Opposition lehnte dies ab, da das Sanierungsprogramm schon jetzt nicht ausreiche, um die maroden Schulen zu sanieren. Martin Delius (Piraten) erinnerte daran, dass von den dafür vorgesehenen 64 Millionen Euro gerade erst 16 Millionen Euro gestrichen worden seien. Diese Summe sollen die Bezirke jetzt anderweitig erwirtschaften, was sie allerdings mit Hinweis auf ihre Geldknappheit für unrealistisch halten.

Opposition und Verbände unzufrieden mit Rot-Schwarz

Völlig unklar ist zurzeit, was der behindertengerechte Ausbau aller Schulen kosten würde. Die Bildungsverwaltung hat noch nicht einmal einen Überblick, welche Schulen mittlerweile „barrierefrei im Sinne der Inklusion“ sind, teilte die Behörde im „Gesamtbericht Inklusion“ auf Nachfrage der Oppositionsfraktionen mit. Stefanie Remlinger von den Grünen nannte diese Auskunft ein „Armutszeugnis“. Die Skepis der Schulen gegenüber der Inklusion werde dadurch Auftrieb bekommen. GEW-Sprecher Tom Erdmann warnte davor, dass der Begriff der Inklusion „verbrennt“, wenn man ihn nur mit Sparmaßnahmen verbinde. Eltern und Schulen hätten sich darauf verlassen, dass der behindertengerechte Ausbau erfolge.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) kritisierte am Donnerstag das „voreilige Auslaufen von Förderzentren“. Neun Einrichtungen seien bereits geschlossen worden, ohne dass es genügend Sonderpädagogen an den allgemeinbildenden Schulen gebe. Als Beispiel nannte VBE-Sprecherin Marion Kittelmann Steglitz-Zehlendorf, wo es dieses Jahr dramatische Einschnitte bei der Zuweisung von Sonderpädagogen gegeben habe. Das auf die Förderung von Sehbehinderten spezialisierte Steglitzer Fichtenberg-Gymnasium berichtete, dass es von 150 Förderstunden im Jahr 2008 dieses Jahr nur 64 behalten habe.

Überdies warnte Kittelmann davor, dass Kinder mit Lern- und Sprachbehinderungen oder emotional-sozialen Störungen im Rahmen der Inklusion ab 2016/17 ohne vorherige Diagnostik in die Schulen kommen sollen.

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