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Alles unter Kontrolle: So sieht die elektronische Fußfessel aus, die künftig auch in Berlin eingesetzt werden soll.

© dpa

Innere Sicherheit: Berlin führt elektronische Fußfessel ein

Seit 2011 ist es gesetzlich möglich, entlassene Straftäter ein Ortungsgerät am Fußgelenk tragen zu lassen. Dies könnte laut Justizsenator Heilmann U-Haft und Sicherungsverwahrung ersetzen. Die Opposition hat noch Fragen.

Der einstige IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn und die Schauspielerin Lindsay Lohan gehörten zu ihren prominentesten Nutzern. In Kürze könnten auch zahlreiche verurteilte Berliner Straftäter und Untersuchungshäftlinge die elektronische Fußfessel angelegt bekommen, mit der jede ihrer Bewegungen kontrolliert werden kann.

Am Dienstag machte der Senat den Weg dafür frei und beschloss, dem Staatsvertrag mehrerer Bundesländer beizutreten und sich finanziell an einer gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder zu beteiligen. „Es ist die Chance auf einen gerechteren und effektiveren Vollzug bei potenziell gefährlichen Menschen“, sagte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) nach der Senatssitzung.

Seit Anfang 2011 ist es gesetzlich möglich, entlassene Straftäter richterlich anzuweisen, das Gerät am Fußgelenk zu tragen, wenn sie weiterhin als gefährlich eingestuft werden. 38 sogenannte Sicherungsverwahrte gibt es derzeit in Berlin, die für diese Maßnahme infrage kommen, sagte Heilmann. Demnächst kommen möglicherweise Dutzende weitere hinzu. Und auch für Untersuchungshäftlinge hält der Senator das Instrument für einen sinnvollen Ersatz zur Haft, vor allem, wenn sie bislang lediglich wegen Fluchtgefahr im Gefängnis behalten wurden.

Denn die Fußfessel, die wie ein Handy funktioniert und bei Manipulationen einen Alarm auslöst, meldet metergenau den Standort ihres Trägers. Sollte zum Beispiel ein entlassener Straftäter, der früheren Bezugspersonen Gewalt angedroht hat, sich deren Wohngebiet nähern, würde dies den rund um die Uhr arbeitenden Kontrolleuren der zentralen Gemeinsamen Überwachungsstelle für Fußfesseln in Hessen gemeldet. Diese alarmieren dann die Berliner Polizei. Auch der Versuch eines U-Häftlings, sich per Zug oder Flugzeug abzusetzen, sei laut Heilmann so zu vereiteln. Bei massiven Verstößen könnte der Betroffene wieder ins Gefängnis kommen.

Der vom Senat am Dienstag erklärte Beitritt zum Fußfessel-Staatsvertrag der Länder muss noch vom Abgeordnetenhaus ratifiziert werden. Dort hat vor allem die Opposition noch Fragen, wie der Linken- Rechtspolitiker Klaus Lederer sagt. Prinzipiell sei die Fußfessel in Einzelfällen als Gefängnisersatz akzeptabel. „Aber es darf keine Regelmaßnahme werden.“ Lederer fordert vom Justizsenator neben Einzelvorkehrungen wie der Fußfessel ein allgemeines Konzept zum Umgang mit Sicherungsverwahrten.

Kürzlich hatte der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg die mehr als zehnjährige Sicherungsverwahrung für unzulässig erklärt, wie sie auch in Berlin immer wieder verordnet worden war. Die Kosten des Fußfessel-Modellversuchs konnte der Justizsenator zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau benennen. Bislang übernimmt Berlin rund 80.000 Euro im Jahr für den Aufbau der bundesweiten Kontrollstelle, dazu kämen „einige Tausend Euro“ pro Gerät. Ein Haftplatz hingegen kostet Berlin laut Heilmann derzeit 124 Euro am Tag.

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