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Insolvenz: Arbeiterwohlfahrt wird von Schulden erdrückt

Trotz der Insolvenz des Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt arbeiten Tochterfirmen und Sozialeinrichtungen weiter. Die Gehälter sind für drei Monate gesichert. Mit dem Insolvenzverwalter wird über die Sanierung verhandelt.

Der Landesverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Berlin hat Insolvenz angemeldet, aber der Betrieb in den Einrichtungen geht weiter. Die Gehälter der Mitarbeiter sind durch das Insolvenzverfahren zunächst für drei Monate gesichert. Zudem sind die Senioren- und Pflegeeinrichtungen den Tochtergesellschaften des Landesverbandes zugeordnet. Und diese sind bisher nicht von der Insolvenz betroffen. Sie wären nur dann gefährdet, wenn eine Sanierung des Konzerns mit 1200 Mitarbeitern scheitern sollte.

Am Montagvormittag hatte Awo-Landesgeschäftsführer Hans-Wilhelm Pollmann die Insolvenz angemeldet. Nun will er mit dem Insolvenzverwalter über ein Sanierungskonzept verhandeln. Dieses sieht vor, dass zwei finanzierende Banken auf einen Teil der Millionenschulden der Awo verzichten. Wie im September berichtet, laufen Verhandlungen darüber bereits seit Monaten. „Wir können nachweisen, dass wir in der Lage sind, Schulden zu tilgen, aber nicht in dieser Höhe“, sagte Jürgen Brockmeyer, Geschäftsführer verschiedener Awo-Firmen. Nun hängt die Zukunft des Landesverbandes davon ab, ob der Insolvenzverwalter dem Sanierungsplan zustimmt und ob die Banken auf einen Teil ihrer Kreditforderungen verzichten.

Zu der Insolvenz kam es, weil der verschuldete Awo-Konzern laut Unternehmensregister erneut auf ein „negatives Ergebnis“ zum Jahresende zusteuert. Verluste drohen, obwohl mit Betriebsrat und Gewerkschaft ein Sanierungstarifvertrag vereinbart worden war, wonach die Beschäftigten auf Teile ihres Gehaltes verzichten. Doch diese Vereinbarung läuft nur bis Ende des Jahres. Danach hätten sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten weiter verschärft. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Awo die Tagesklinik Lankwitz verkauft und knapp schwarze Zahlen geschrieben. Angesichts der drohenden neuen Verluste war den Banken das Risiko wohl zu groß, bestehende Kreditverträge über Millionensummen zu verlängern. Laut Unternehmensregister waren etwa ein Viertel der Schulden in Millionenhöhe innerhalb der nächsten zwölf Monaten zur Rückzahlung fällig.

Sollte der Insolvenzverwalter dem Sanierungskonzept der Awo zustimmen, will die Einrichtung „drei oder vier kleinere Immobilien verkaufen“ und die verbleibenden Objekte in einer eigenen Firma zusammenfassen. In einer zweiten neuen Gesellschaft sollen künftig die Mitarbeiter beschäftigt werden. Dies soll für mehr Transparenz bei den Kosten sorgen, so Awo-Chef Jürgen Brockmeyer.

Die von den Altlasten betroffene gemeinnützige „Awo-Seniorenwohnen“ hatte in den vergangenen Jahren Millionenverluste bilanziert: mehr als 1,7 Millionen Euro im Jahr 2007 und über 1,5 Millionen Euro 2008. In der bisher letzten Bilanz der „Awo Seniorenwohnen gGmbh“ für 2008 war für die „zukünftige Entwicklung“ eine „angespannte Ertrags- und Vermögenslage“ festgestellt worden. Und weiter: „Zur Vermeidung der insolvenzrechtlichen Überschuldung sind eigenkapital- und liquiditätsstärkende Maßnahmen des Gesellschafters notwendig.“

Die Arbeiterwohlfahrt unterhält ein landesweites Netz von Hilfseinrichtungen. Weil der Verbund seine Mitarbeiter nach Tarif bezahlt, gilt er als vorbildlich in einer Branche, die teilweise durch Dumpinglöhne für schlecht ausgebildete Hilfskräfte ins Gerede kam. Bei den Bewertungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen bekamen Awo-Einrichtungen sehr gute Noten.

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