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"Interesse am Gesamtareal": Investoren setzen auf Tacheles-Ruine

Der Leipziger-Platz-Bauherr Harald G. Huth ist als Interessent im Gespräch. Auch die Wannsee-Terrassen will er aufbauen. Was aus dem Künstlerquartier wird, bleibt weiterhin offen.

In Berlin stehen Ruinen hoch im Kurs. Vor allem Kriegsruinen. Auch das Tacheles, von vielen als verlottertes Künstlerquartier gering geschätzt, könnte in den nächsten Wochen erheblich an Wert gewinnen, messbar in Millionen Euro. Am 4. April wird die Kaufhausruine versteigert, zusammen mit den umliegenden Brachflächen. Der Verkehrswert wurde von Gutachtern auf 35 Millionen Euro veranschlagt. Allerdings müssen noch rund 75 Millionen Euro hinzugerechnet werden. Das sind die Schulden, die auf den 25 300 Quadratmetern in bester Innenstadtlage lasten.

„Es gibt mehrere Interessenten“, wiederholt die Presseabteilung des Eigentümers HSH Nordbank seit Wochen. Und: „Potenzielle Investoren haben nur ein Interesse am Gesamtareal“, also inklusive der 1250 Quadratmeter, auf denen das Kunsthaus Tacheles steht. Der Gebäuderest eines Kaufhauses aus Kaisers Zeiten an der Oranienburger Straße genießt eine mediale Präsenz und eine touristische Sogkraft, von dem sich Investoren offenbar einen Marketingeffekt erhoffen, der auf das gesamte Areal abstrahlt.

Erste Interessenten wurden genannt - und gingen sofort in Deckung: der Spreedreieck-Entwickler Harm Müller-Spreer und der Bread&Butter-Modemesse-Chef Karl-Heinz Müller. Sie dementierten, das Tacheles ersteigern zu wollen. Jetzt wurde ein neuer Name in die Öffentlichkeit geworfen: Harald G. Huth. Der 41-Jährige hat das Einkaufszentrum „Schloss“ in Steglitz realisiert und entwickelt derzeit nach erheblichen Startschwierigkeiten eine weitere Shoppingmeile am Leipziger Platz. Huth ist über die Nennung seines Namens alles andere als glücklich. Er möchte dazu nichts sagen, erklärt der Immobilienunternehmer. Er dementiert aber auch nicht.

Einem Bericht der „B.Z.“ zufolge möchte Huth insgesamt 17 000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche entwickeln und den Rest des Areals mit Wohnungen und Büros bebauen. Was aus dem Tacheles wird, bleibt offen. Der Senat hat schon verlauten lassen, dass er sich mit einem künftigen Investor zusammensetzen möchte, um für das Kunsthaus das Beste herauszuholen. Die Tacheles- Künstler sind „optimistisch“, dass sie eine Zukunft haben. Die grüne Kulturexpertin Alice Ströver hält dem Senat allerdings vor, sich nicht ernsthaft um die Ruine zu kümmern. Das könnte auf die rot-rote Koalition zurückfallen. „Eine Räumung im Wahljahr kann man sich nicht leisten“, sagt Ströver mit Blick auf die Randale während der Räumung des besetzten Hauses in der Friedrichshainer Liebigstraße 14.

Harald G. Huth hat noch ein wesentlich kleineres Projekt in der Pipeline: Die Wannsee-Terrassen am Strandbad Wannsee. Auch dazu möchte er gegenwärtig nichts sagen. Seit fünf Jahren wartet er vergeblich auf eine Baugenehmigung für ein neues Restaurantgebäude. Wegen der exponierten Lage im Landschafts- und Wasserschutzgebiet hatten die Behörden immer neue Auflagen gemacht. Nun soll es innerhalb von zwei Wochen grünes Licht geben, kündigt Uwe Stäglin (SPD), Baustadtrat von Steglitz-Zehlendorf an. Nur die Forstbehörde muss noch zustimmen.

Im Jahr 2001 waren die alten Wannsee-Terrassen abgebrannt. Die Ruinen wurden abgetragen, aber die Verhandlungen mit möglichen Investoren zogen sich über viele Jahre hin. Bis endlich Huth 2006 den Zuschlag erhielt, für günstige 400 000 Euro. Für 2,5 Millionen Euro will er ein Ausflugslokal im Landhausstil errichten. Im Sommer 2013 könnten die ersten Gäste bewirtet werden. Im Obergeschoss soll der Restaurantpächter einziehen.

Die Familie Schade wird das Lokal mit Sicherheit nicht übernehmen. Die ehemaligen Pächter von „Loretta am Wannsee“ am Bahnhof Wannsee hatten sich mit ihrem Vermieter Huth überworfen. Der erhöhte nach dem Kauf des Biergartens die Miete, und so zogen die Schades weiter nach Kohlhasenbrück, um dort ein neues Loretta zu eröffnen.

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