zum Hauptinhalt
Von der IGA in Marzahn profitieren auch die umliegenden Wohngebiete.

© Kitty Kleist-Heinrich

Internationale Gartenausstellung in Berlin: Marzahn sollte Vorbild für die Stadtränder werden

Von Tempelhof wurde die IGA nach Marzahn verlegt - ein städtebauliches Geschenk, das auch das Wohnen fern der Mitte attraktiver machen kann.

Es könnte ein Sommermärchen werden; ungeachtet des Hagelschauers zur Eröffnung. Auf zwei Millionen Besucher hoffen die Veranstalter; so viele sind auch nötig, damit die Megaschau der Blumenkunst keine Pleite für das Land wird. Die Bundesgartenschau im Havelland, die 2015 nur 700.000 Gäste anzog, oder die Hamburger IGA 2013, wo die Hälfte der erwarteten 2,5 Millionen Besucher kam, zeigen das Risiko. Blumenpracht allein ist kein Besuchermagnet mehr. Deswegen haben die Veranstalter neben einem spektakulärem Aussichtsturm und einer Seilbahn schnell noch eine Sommerrodelbahn gebaut, um den Spaßfaktor zu erhöhen.

Der Freizeitpark, aus dem die IGA erwuchs, entstand einst aus der Systemkonkurrenz: Die SED-Führung wollte in der „Hauptstadt der DDR“ 1987 ein sozialistisches Gegenstück zur Bundesgartenschau im West-Berliner Stadtteil Britz. Heute kann die IGA dazu beitragen, dass die Stadt weiter zusammenwächst. Für viele West-Berliner ist Marzahn-Hellersdorf noch immer ein fremder Ort der grauen Betonplatten. Dabei ist dort wie im Westteil der Stadt im Märkischen Viertel längst ein grüner Kiez gewachsen.

Das Zentrum hat genug Attraktionen

Was rund um den Kienberg entstanden ist, rechtfertigt die 2012 beschlossene Verlegung der IGA vom Tempelhofer Feld nach Marzahn. Das Flugfeld hat sich auch ohne IGA entwickelt und das Zentrum hat eh genug Attraktionen. Nicht genutzt aber wurden in Marzahn die städtebaulichen Potenziale. Das IGA-Gelände ist nicht Nukleus einer Entwicklungsmaßnahme für den Bau vieler Wohnungen.

Dabei ist die Gartenschau jenseits aller gärtnerischen Pracht vor allem ein städtebauliches Geschenk. Der stürmische Zuwachs der Berliner Bevölkerung und der Wohnungsmangel im Zentrum erzwingen es, die äußeren Bereiche zu entwickeln. Der Senat hat im Koalitionsvertrag vereinbart, in Stadtrandnähe 37.000 Wohnungen zu bauen, im Westen wie im Osten, etwa in Köpenick und Lichterfelde-Süd. Damit diese Siedlungen erfolgreich sein können, ist mehr Akzeptanz vonnöten. Die IGA in Marzahn-Hellersdorf kann mithelfen, Wohnen fern des Alexanderplatzes attraktiv zu machen. Derzeit ist die Debatte negativ geprägt. Bei steigenden Mieten im Zentrum wird davon gesprochen, dass damit Menschen an den Stadtrand „verdrängt“ werden. Ein Wort, das beim Kauf einer Villa am Zehlendorfer Stadtrand nie fallen würde.

Man sollte für eine bessere Anbindung der äußeren Bezirke sorgen, damit das Wohnen außerhalb des S-Bahnrings attraktiver wird. Allein mit der Tram mit Schneckentempo wird man das nicht erreichen. 

schreibt NutzerIn Bobby-bln

Aufgabe des Senats wäre es, diesen Urbanitätsdiskurs offensiv zu führen. Groß-Berlin entstand vor fast 100 Jahren als damals flächengrößte Stadt der Welt; die anstehende Würdigung dieser visionären Leistung sollte erneut den Blick auf die Potenziale am Stadtrand lenken.

Der SPD-CDU-Senat sagte 2013 die geplante Internationale Bauausstellung unter dem Thema „Draußenstadt wird Drinnenstadt“ ab. Zu teuer, hieß es. Die Fragen aber sind heute aktueller denn je. In den 80er Jahren trug die Internationale Bauausstellung übrigens dazu bei, West-Berliner Gründerzeitkieze vor dem Abriss zugunsten der autogerechten Stadt zu retten. Heute ist die große Aufgabe die modellhafte Entwicklung der grünen Ränder: Wo Arbeitsplätze in Start-up-Clustern und Clean-Tech-Unternehmen sich verbinden mit attraktiven Wohnsiedlungen, die im Planungsprozess bereits Kinderbetreuung und Schulen, Shopping und Kultur mitdenken, mit guter Verkehrsanbindung und ÖPNV-Angebot. Damit die grünen Stadtränder aufblühen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false