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Woher soll das Geld für das ICC kommen?

© dpa/picture-alliance

Internationales Sanierungs-Centrum: Woher soll das Geld für das ICC in Berlin kommen?

Der Regierende Bürgermeister drückt aufs Tempo bei der ICC-Reaktivierung. Doch es gibt ein Problem: Woher soll das Geld kommen? Es könnte die Charité, die Unis oder die Bezirke treffen. Eine Analyse.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Michael Müller drängt. Der Regierende Bürgermeister will das Internationale Congress Centrum (ICC) schnell sanieren, damit es wieder als Kongresszentrum genutzt werden kann. Der Koalitionspartner CDU zieht mit, auch die Grünen unterstützen die Forderung des SPD-Politikers. Aber niemand hat eine plausible Idee, wie die Revitalisierung des ICC aus dem Landeshaushalt, ohne Hilfe privater Investoren, gelingen könnte. Belastbare Zahlen, was eine solche Sanierung kosten wird, gibt es nicht. Von „bis zu 500 Millionen Euro“ sprach Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) im zuständigen Fachausschuss des Abgeordnetenhauses. Das war im Februar, diese grobe Schätzung blieb bisher öffentlich unbeachtet.

Der Projektberater Drees & Sommer, der im Auftrag des Senats im vergangenen Jahr diverse Nutzungsvorschläge vorlegte, kam für eine weitere Nutzung des ICC als Kongressgebäude ebenfalls auf „Investitionskosten in Höhe von 520 Millionen Euro“, die nur zum geringen Teil refinanzierbar wären. Regierungschef Müller nannte bisher keine eigenen Zahlen. Trotzdem erwartet er von den Koalitionsfraktionen SPD und CDU, dass die Beschränkung von 200 Millionen Euro im Landeshaushalt aufgehoben wird. Mehr wollte Rot-Schwarz, das wurde 2012 beschlossen, für die ICC-Sanierung eigentlich nicht ausgeben. Die übrigen Kosten sollten private Investoren tragen.

Müller spricht von einer möglichen Teilsanierung

Jetzt erfolgt die Rolle rückwärts, und der Regierende Bürgermeister drückt aufs Tempo, weil nach Pfingsten die senatsinternen Chefgespräche für den neuen Haushalt 2016/17 und die damit verbundene Investitionsplanung laufen. Am 7. Juli, kurz vor denSommerferien, soll der Etatentwurf beschlossen werden. Außerdem hat der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses das Thema ICC für den 10. Juni auf die Tagesordnung gesetzt. Bis dahin sollen die beteiligten Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Finanzen Vorschläge abliefern. Wenn der Senat das nicht hinkriegt, werden wohl die Regierungsfraktionen die Regie übernehmen.

Aber wer soll das alles bezahlen? Um zusätzliches Geld für eine Sanierung des „Raumschiffs“ am Messedamm aufzutreiben, müsste Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen wohl andere Großvorhaben, etwa im Bereich Hochschulen/Wissenschaft und Kultur, verschieben oder zeitlich strecken. Oder der Senat gibt sich mit einer provisorischen Reparatur zufrieden, damit das ICC wieder durch den TÜV kommt. Müller spricht von einer möglichen Teilsanierung, führt diesen Gedanken aber nicht näher aus.

Für 200 Millionen Euro, die im Haushalt bisher zur Verfügung stehen, ist ein funktionsfähiges ICC jedenfalls nicht zu haben. Eine Umschichtung der öffentlichen Investitionen steht deshalb an und könnte beispielsweise die Charité, die Berliner Universitäten, die Zentral- und Landesbibliothek, die Komische Oper und den Friedrichstadtpalast oder den Olympiapark treffen, deren Sanierungs- und Baubudgets angeknabbert werden müssten. Vielleicht träfe es auch das eine oder andere bezirkliche Bauprojekt.

Die Aufstellung des neuen Investitionsplans wird außerdem dadurch erschwert, dass die Mehrkosten für die Sanierung der Staatsoper (rund 100 Millionen Euro) noch nicht eingeplant sind. Auch die Ertüchtigung des Flughafengebäudes Tempelhof, die mehrere hundert Millionen Euro kosten dürfte, steht noch in keiner Finanzplanung. Das neue Sonderprogramm für Investitionen in die wachsende Stadt (SIWA) kann für das ICC voraussichtlich nicht genutzt werden, denn die vorhandenen Mittel sind komplett verplant.

Noch fehlt ein Plan

Nur wenn der Haushalt Ende 2015 entgegen den bisherigen Erwartungen nennenswerte Überschüsse produzieren sollte, könnte darüber nachgedacht werden. Aber noch fehlt für die Wiederauferstehung des ICC ein göttlicher Plan. Es drohen stattdessen neue Gutachten und Kostenschätzungen aus irdischer, sprich senatsamtlicher Quelle.

Bisher ist nur klar, dass die prosperierende Kongressstadt Berlin zusätzliche Angebote schaffen muss, um die wachsende Nachfrage befriedigen zu können. Private Anbieter, allen voran das Estrel, können teilweise Abhilfe schaffen. Aber das entlässt die öffentliche Hand nicht aus der Verantwortung. Messe-Chef Christian Göke würde gern vor der Messehalle 25 einen zweiten City Cube bauen, der 2018 fertig sein müsste, um die zahlreichen Nachfragen von Kongressveranstaltern kurzfristig decken zu können. Weitere Kapazitäten in einem sanierten ICC wären der Messe auch willkommen, allerdings ist an eine Wiederöffnung vor 2025 nicht zu denken.

Außerdem befürchten Experten, dass auch ein technisch modernisiertes ICC unwirtschaftlich arbeiten wird, also ein dauerhafter Subventionsempfänger bleibt. Jedenfalls dann, wenn der Senat keine Mischnutzung unter Beteiligung privater Geldgeber zulässt. Die SPD lehnt eine solche öffentlich-private Partnerschaft strikt ab. Lediglich ein neues Hotel anstelle des maroden Parkhauses wird in die Überlegungen einbezogen. Die CDU wiederum liebäugelt trotz Müllers „Machtwort“ auch mit dem alten Terminal in Tempelhof als Standort für Kongresse. Ob als Ergänzung oder in Konkurrenz zum ICC, ist eine Frage, die koalitionsintern noch zu klären ist.

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