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Berlin: Internet-Angeberei: Wie aus der dummen Wichtigtuerei zweier Schüler eine "Morddrohung" gegen einen Lehrer wurde

Schüler haben das Internet als Medium für Morddrohungen gegen unliebsame Lehrer entdeckt. Die gestern bekannt gewordene Ankündigung, einen Klassenlehrer der Steglitzer Nikolaus-August-Otto-Schule umzubringen, sei nicht das erste derartige Vorkommnis im Internet, so die Sprecherin der Senatsschulverwaltung, Rita Hermanns, auf Anfrage.

Schüler haben das Internet als Medium für Morddrohungen gegen unliebsame Lehrer entdeckt. Die gestern bekannt gewordene Ankündigung, einen Klassenlehrer der Steglitzer Nikolaus-August-Otto-Schule umzubringen, sei nicht das erste derartige Vorkommnis im Internet, so die Sprecherin der Senatsschulverwaltung, Rita Hermanns, auf Anfrage. Genaue Zahlen von Internet-Morddrohungen gegen Lehrer konnte sie aber nicht nennen. Der betroffene Pädagoge sagte gegenüber dem Tagesspiegel, in seinem konkreten Fall handele es sich lediglich um einen "schrägen Joke". Er habe sich "in keiner Weise bedroht gefühlt".

Die beiden Zehntklässler hatten nach Angaben des Schulleiters Uwe Duske am Abend des 28. Juni am häuslichen Computer des einen Jungen "gechattet". Als ihre westdeutschen Chatpartner von sich gaben, sie "hassten ihre Lehrer", hätten die beiden Siebzehnjährigen wohl das Gefühl gehabt, "einen draufsetzen" zu müssen. So schrieben sie spontan die Ankündigung in den Computer, in der großen Pause des folgenden Schulvormittags, also etwa um 11.45 Uhr, einen ihrer beiden Klassenlehrer umbringen zu wollen.

Nur dadurch, dass sich eine Augsburgerin zufällig im gleichen "Chatroom" aufhielt, sei die Sache bekannt geworden. Wohl sensibilisiert durch die Bluttat in Meißen habe die Frau die Polizei verständigt, und da es in Deutschland nur wenige Schulen gleichen Namens gebe, sei man schnell auf die Steglitzer Schule gestoßen, obgleich der Internet-Provider nicht erreichbar gewesen sei, schildert Duske den Verlauf der Ermittlungen. Eine Lehrerin habe dann durch die geschickte Befragung der Klasse ganz schnell einen der beiden "Täter" herausgefunden, so dass bereits um kurz nach 10 Uhr alles aufgeklärt gewesen sei. Der eigentliche Verfasser der angeblichen Mordankündigung sei an dem Tag ohnehin nicht in der Schule, sondern krank gemeldet gewesen.

Der betroffene Lehrer sagte gestern, bei dem Jungen handele es sich um einen "kleinen Wichtigtuer". Er habe sich "in keiner Weise bedroht gefühlt" und das Ganze eher als "schrägen Joke" empfunden. Der Schüler habe sich mehrfach bei ihm entschuldigt. Der Junge selbst, der bei seiner Vernehmung durch die Polizei den Vorwurf einräumte, sagte, es habe sich um einen "dummen Scherz" gehandelt, und es tue ihm leid. Die Staatsanwaltschaft geht denn auch davon aus, dass die geäußerte Drohung nicht ernst zu nehmen sei. Daher wurde auch kein Haftbefehl oder Unterbringungsbeschluss beantragt, sondern der Schüler nach seiner Vernehmung durch die örtliche Kripo wieder auf freien Fuß gesetzt.

Die Schule erteilte beiden Jungen Hausverbot, was allerdings für sie kaum Konsequenzen hat, da sie bereits ihren erweiterten Hauptschulabschluss in der Tasche haben und jetzt ohnehin eine Lehre beginnen wollen. Die Schulverwaltung sagte, die Schule habe richtig reagiert. Das Vorkommnis sei umso bedauerlicher, als der gute Ruf der Schule leide, die sich seit zehn Jahren mit ihrem Schulversuch "Ottos Lernwerkstatt" einen Namen gemacht habe, indem sie auch "Zufluchtsort" für Jugendliche gewesen sei, die sonst keine Chance gehabt hätten. Schulleiter Duske wies darauf hin, dass es sich bei dem Siebzehnjährigen, der die Drohung in den Computer tippte, um einen "allein gelassenen Jungen" handele.

Die Sprecherin der Senatsschulverwaltung, Rita Hermanns, sagte, seit Meißen habe sich die Zahl der Lehrer-Bedrohungen verdoppelt. Sie kämen über den Anrufbeantworter, über das Handy, über Zettel oder mittels Gekritzel auf Schulmobiliar. Auch Internet-Drohungen seien darunter gewesen. Wieviele es waren, konnte sie gestern nicht sagen.

S. Vieth-Entus[W. Schmidt]

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