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Internetkriminalität in Berlin: Weniger als die Hälfte der Fälle wird aufgeklärt

Dutzenden Berliner Abgeordneten sind persönliche Daten geklaut worden. Wie groß ist das Problem in der Hauptstadt?

Die Zahl der Datendiebstähle nimmt auch in Berlin rapide zu. Sogar die Wohnungsnot in der Hauptstadt wird von Kriminellen ausgenutzt, um persönliche Daten zu erhalten. Die Betrüger geben falsche Wohnungsanzeigen auf und fordern vor der ersten Besichtigung von Interessenten eine Kopie des Personalausweises.

„Viele Menschen suchen so verzweifelt eine Wohnung, dass sie das gar nicht hinterfragen“, sagt Michael Böhl, Berliner Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Aktuell beschäftigen die Berliner Beamte die Fälle von fast 40 Mitgliedern des Abgeordnetenhauses, deren Daten geklaut wurden.

Abgeordnete von SPD, Linke, Grünen und der CDU hatten Inkasso-Mahnungen für Dinge erhalten, die sie nie selbst bestellt und auch nie bekommen hatten.

Die Berliner Polizei kämpfe allerdings zurzeit an vielen Fronten, da falle das Thema Internetbetrug teilweise durch das Raster, sagt Michael Böhl. Der Mangel an Beamten spielt dabei auch eine Rolle „Die Kollegen sind überfordert“, erklärt der Berliner BDK-Vorsitzende. Außerdem kritisiert er die Verteilung der Zuständigkeiten.

„Früher gab es in den Bezirken noch eigene Abteilungen namens Operative Betrugsdelikte“, sagt Böhl, „mit einer Polizeireform wurde das alles ans Landeskriminalamt abgegeben.“ Durch die Zentralisierung vor vier Jahren gehe man nun nur noch Fällen mit konkreten Anhaltspunkten nach, das mache es schwerer, Muster zu erkennen und Serientäter zu schnappen, sagt Böhl. Die Fälle von Internet-Kriminalität in Berlin haben sich seit 2006 verdoppelt. Die Aufklärungsquote liegt laut Berliner Polizei derzeit bei nur 42 Prozent.

Früher mussten Politiker Privatadressen veröffentlichen

Datenklau ist nicht nur ein Problem für Personen des öffentlichen Lebens. So bestellte vor Kurzem ein Unbekannter im Namen des Tagesspiegel-Redakteurs Björn Seeling Smartphones und telefonierte damit für 2100 Euro nach Ghana. „Mich gibt es zwei Mal, mein anderes Ich steht auf iPhones“, schreibt Seeling. Meist bekommen die Kriminellen die Daten ihrer Opfer aus Sozialen Netzwerken oder über Viren auf Computern.

Im Fall der Berliner Politiker ist noch nicht ganz klar, wie viele von dem Datenklau betroffen sind. Von 37 Politikern war zunächst die Rede, bei den Grünen sind es aber mehr als bisher angenommen. „Es haben sich am Wochenende noch zwei weitere Fraktionsmitglieder bei uns gemeldet“, sagt Pressesprecher Julian Mieth. Mindestens sieben Grünenpolitiker seien nun betroffen. „Bei manchen Firmen braucht man nur Geburtsdatum und Namen, um auf Rechnung zu bestellen“, sagt Mieth.

Zudem mussten Personen, die sich zur Wahl stellen, bis 2011 ihre Privatadresse veröffentlichen. Diese Praxis habe man aber eingestellt, sagt Thomas Birk (Grüne), Mitglied im Ausschuss für digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit.

Auch er ist betroffen. Fast 400 Euro gaben Unbekannte in seinem Namen aus. Bei der CDU sollen es zwölf Betroffene sein, bei der SPD 20, bei den Linken einer.

Das gestohlene Ich: Kriminelle bemächtigen sich verstärkt im Netz der Identitäten von Verbrauchern – und gehen dann in ihrem Namen einkaufen. Wie die Täter an die Daten kommen und wie man sich schützt. 

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