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Berlin: Investor am Zug

Nach dem Verkauf des „Revaler Vierecks“ fürchten Nutzer um Zukunft ihrer Kulturprojekte

In der alten Klempnerei stellt sich Florian Haver einen Indoorspielplatz vor. Die Pläne dazu hat er gleich mitgebracht. Ein weiteres Projekt heißt „Eisdiele“, hat neben der kalten Leckerei aber noch viel mehr zu bieten, zum Beispiel eine Lounge für Hörspiele. Und Architekt Axel Volkmann möchte eine große Grünfläche anlegen, die historischen Gebäude, soweit sie nicht völlig marode sind, retten und die beiden Projekte und weitere in das Konzept einbinden.

Nutzungskonzepte für das sogenannte „Revaler Viereck“ an der Ecke Warschauer Straße/Revaler Straße gibt es reichlich. Doch vielleicht werden sie nie umgesetzt. Das Gelände wurde Anfang August von der Vivico an den Investor R.E.D. Berlin Development GmbH verkauft. „Jetzt ist die Angst recht groß“, sagte Architekt Michael Rostalski von der Initiative „Ideenaufruf“. Die Initiative setzt sich für eine nachhaltige Nutzung des über 71 000 Quadratmeter großen Areals ein. Derzeit werden nur etwa elf Prozent der Fläche genutzt. Auf dem Gelände des früheren Reichsbahnausbesserungswerkes (RAW) „Franz Stenzer“ sind derzeit der Musikclub „Cassiopeia“, der „Kletterkegel“, eine 1600 Quadratmeter große Skaterhalle, ein Zirkus sowie zahlreiche Künstlerateliers und ein Sommergarten untergebracht. Der längste Mietvertrag läuft noch fünf Jahre.

Alle beteiligten Akteure trafen sich in der vergangenen Woche zu einem Kommunikationsforum. Der gewählte Zeitpunkt war heikel, weil die R.E.D. erst in einem Monat konkrete Pläne vorstellen will. „Das kann man als Provokation auslegen“, gab Anja Steglich von „Ideenaufruf“ zu. Es bestehe aber Informationsbedarf. Das RAW ist zu einem großen Arbeitsplatz geworden. Mehr als fünfzig Menschen verdienen ihr Geld in der ehemaligen Industriebrache zwischen Ruinen, Gestrüpp und Bahnschienen. Über 200 Leute engagieren sich für einen lebendigen Kulturbetrieb. „Das sind Ressourcen und Kräfte, die man einbeziehen sollte“, appellierte Volkmann an den Investor.

Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) konnte am Forum aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen, doch das „Revaler Viereck“ kann auf Unterstützung durch den Bezirk zählen. Seine Parteikollegin, die Bezirksverordnete Antje Kapek, sagte, dass es zu keinem normalen Bebauungsplanverfahren für das Areal kommen könnte. Stattdessen wäre ein städtebaulicher Vertrag denkbar, der das Prozedere wesentlich vereinfacht.

Das Gelände des einstmals größten deutschen Bahnausbesserungswerkes besteht seit 140 Jahren. Seit 1991 werden dort keine Eisenbahnen mehr repariert. Der neue Eigentümer will jetzt mit Bezirk und Nutzern ein Konzept erarbeiten. Konkretere Pläne sollen Ende September vorgestellt werden. Matthias Jekosch

Matthias Jekosch

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