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Das Sony-Center war dem südkoreanischen Pensionsfonds 570 Millionen Euro wert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Immobilien: Investoren auf Shoppingtour in Berlin

Immobilien sind bei internationalen Käufern wieder gefragt. Die Branche registriert einen Boom seit Jahresanfang. Die Verkaufswelle kann aber auch Institutionen gefährden.

Berlin ist nicht nur für immer mehr Touristen eine Reise wert – sondern in diesem Jahr auch wieder für internationale Investoren. Auf der Suche nach einem sicheren Hafen für ihr Kapital haben sie die deutsche Hauptstadt wiederentdeckt. Sie kommen zum Beispiel aus Fernost und investieren die Rentenbeiträge von Südkoreanern in das Sony-Center. Und sie konkurrieren mit deutschen Fonds und Versicherern um die am besten und am längsten vermieteten Büro- und Handelshäuser in der Stadt – wie das Marmorhaus am Kurfürstendamm.

Einen solchen Run wie auf Berlin in den ersten sechs Monaten 2010 gibt es sonst nirgendwo in Deutschland: Nach Angaben der Makler von Jones Lang Lasalle wechselten seit Anfang des Jahres Immobilien im Gesamtwert von 1,3 Milliarden Euro den Eigentümer. Die Hauptstadt liegt damit weit vor München in der Gunst der Immobilienkäufer. So viel Umsatz hatte es in den vergangenen zehn Jahren nur ein Mal zuvor gegeben, melden die Makler von BNP Paribas Real Estate. Und in nur sechs Monaten wurde bereits so viel Geld in Berliner Immobilien investiert wie im ganzen Jahr 2009.

Wie es zu dem Boom kommt? „Berliner Immobilien bieten Investoren eine große Sicherheit“, sagt Philipe Fischer, Investitionsexperte bei Jones Lang Lasalle. Und das ist gut in schlechten Zeiten. Beispiel Sony-Center: Der Südkoreanische Pensionsfonds NPS riskierte die rund 570 Millionen Euro Ruhestandsgelder guten Gewissens, denn die Deutsche Bahn hatte zuvor den Mietvertrag für ihre Zentrale für viele Jahre fest verlängert. Die sprudelnden Mietzahlungen des Bahnkonzerns sind ein sicherer Zins. Ähnlich gering ist das Risiko, das der Fonds Union Investment mit dem Einkaufszentrum „Alexa“ eingeht: Die Geschäfte des Elektronikriesen Mediamarkt brummen im Alexa, und die Metro-Tochter hat einen langjährigen Mietvertrag für die Flächen in dem 316 Millionen Euro teuren Gebäude abgeschlossen. Die Gefahr für den Investor ist deshalb „geringer als bei griechischen Staatsanleihen“, unkt Fischer.

Nicht nur in Mitte boomt das Geschäft mit Immobilien, sondern auch am Kurfürstendamm: In dieser Woche wurde das frühere Kino „Marmorhaus“ an die Aachener Grundvermögen Kapitalanlagegesellschaft mit Sitz in Köln für über 40 Millionen Euro verkauft. Schub gab auch diesem Geschäft ein neuer Mietvertrag: Der Modemulti Zara bleibt mindestens bis zum Jahr 2018 am Kurfürstendamm. Eher spekulativ darf da der Kauf des Hauses Cumberland weiter westlich am Kurfürstendamm genannt werden: Die Firma Orco hatte große Pläne, als sie das Baudenkmal im Jahr 2006 erwarb, nun versucht sich eine neue Investorengemeinschaft dort mit einem 500 Quadratmeter großen Restaurant, Büros und Läden.

Die Verkaufswelle von Immobilien kann wie im Fall des Postfuhramts aber auch Institutionen gefährden: Der Mietvertrag für die bekannte Fotogalerie C/O Berlin wurde im Zuge des Verkaufes zum 31. März kommenden Jahres gekündigt. Verkäufer des Gebäudes ist der israelische Investor Adi Keizmann. Israelis zählten vor der Finanzkrise neben Iren und Dänen zu den aktivsten Käufern am Berliner Immobilienmarkt. In der Krise bestimmten deutsche Käufer den Markt. Nun sind die Ausländer zurück und an knapp 70 Prozent des Umsatzes im ersten Halbjahr beteiligt.

Auch der Berliner Liegenschaftsfonds, der landeseigene Grundstücke verkauft, meldet eine Steigerung seines Umsatzes im ersten Halbjahr um fast 20 Prozent. „Die Nachfrage steigt, auch von neuen Investoren aus Russland und Osteuropa“, sagt Geschäftsführer Holger Lippmann. Der Fonds ist ein „Frühindikator“ für den Markt, weil er Bauland oder Liegenschaften verkauft, die erst noch saniert, um- und ausgebaut werden müssen. Im vergangenen Jahr brach dieses Geschäft ein, weil Banken wagemutigen Entwicklern keine Kredite mehr gaben. Das hat sich nach Lippmanns Eindruck nun geändert.

Ist also die Krise in Berlin schon überstanden? Nein, denn viele Firmen, die im ersten Halbjahr Büroflächen mieteten, zogen innerhalb der Stadt um und verkleinerten sich dabei. Deshalb stehen laut Maklerhaus Aengevelt nun sogar mehr Bürohäuser leer als im vergangenen Jahr: mit einer Fläche von gewaltigen 1,58 Millionen Quadratmetern. Nicht einmal mitgezählt ist da der Rückzug von Mercedes und Debis vom Potsdamer Platz.

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