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Berlin: Ist Christa Thoben als Spar-Kommissarin oder als Quoten-Frau verpflichtet worden? (Kommentar)

Eine überraschende Wahl: Christa Thoben soll im neuen Berliner Senat Kultur und Wissenschaft übernehmen. Befremdlich, nach der langen Hängepartie.

Eine überraschende Wahl: Christa Thoben soll im neuen Berliner Senat Kultur und Wissenschaft übernehmen. Befremdlich, nach der langen Hängepartie. Denn die frühere Staatssekretärin des Bau- und Umzugsministers Klaus Töpfer hätte sich für eine Reihe von Ressorts angeboten, nur nicht für dieses. "Sie deckt mit Sicherheit die wissenschaftliche Seite ab und hat Affinitäten zur Kultur." So hat der Berliner CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky im Tagesspiegel Christa Thoben gepriesen - und der 58-jährigen Volkswirtschaftlerin eine schlechte Eignung attestiert. "Affinitäten zur Kultur": Das reicht offenbar aus, um in Berlin einen Senatsposten zu bekommen, der, wie es Landowsky bei anderer Gelegenheit einmal ausdrückte, die beiden "Zukunftsressorts" dieser Stadt umfasst. Bislang hat sich die stellvertretende Landesvorsitzende der CDU Nordrhein-Westfalen auf ihrem künftigen Berliner Arbeitsgebiet nicht hervorgetan. Christa Thoben erlangte Bekanntheit, weil sie die erste Frau war, die eine Industrie- und Handelskammer leitete, in Münster. Sie gehört dem CDU-Präsidium an, was sie auch noch nicht automatisch für den Posten der Berliner Kultur- und Wissenschaftssenatorin qualifiziert. Anscheinend erwartet der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, dass sie ihr Ressort straff und modern führt - so wie es Peter Radunski von sich behauptete. Tatsächlich hinterlässt der Vorgänger, auch er eine fachfremde Wahl, ein mittelschweres Chaos. Und ein Loch im Kulturetat von wenigstens 70 Millionen Mark. Christa Thoben wird sich einarbeiten, ihre kulturellen "Affinitäten" vertiefen müssen. Das kostet Zeit. Sie gilt als tough und durchsetzungsfähig. Wenn es wider Erwarten doch gut läuft, dürften sich Thobens Senatskollegen auf eine schlagkräftige Anwältin der Kultur und Wissenschaft gefasst machen. Ist Christa Thoben als Spar-Kommissarin, als Quoten-Frau oder aus Versorgungsgründen verpflichtet worden? Dies sind Spekulationen angesichts einer Personalentscheidung, die ausschließlich von Parteiinteressen bestimmt scheint. Die Folge ist: Die Neue wird schnell einen Kultur-Staatssekretär finden müssen, der weitgehende Kompetenzen erhält. Also beginnt die Suche nach einem (Vize-)Kultursenator noch einmal von vorn.

Rüdiger Schaper

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