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Berlin: Je Patient 2500 Mark Mehrkosten in Berlins Kliniken - Senatorin wirbt um Hilfe bei AOK-Sanierung

Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) warb am Mittwoch im von Schließung bedrohten Krankenhaus Moabit um "Mithilfe" bei der Sanierung der AOK. Gemeinsam mit ihrem Staatssekretär Klaus Theo Schröder (SPD) musste Schöttler durch ein Spalier protestierender Pflegekräfte und Ärzte gehen.

Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) warb am Mittwoch im von Schließung bedrohten Krankenhaus Moabit um "Mithilfe" bei der Sanierung der AOK. Gemeinsam mit ihrem Staatssekretär Klaus Theo Schröder (SPD) musste Schöttler durch ein Spalier protestierender Pflegekräfte und Ärzte gehen. Rund 1400 Beschäftigte des vom Land Berlin und der Diakonie als GmbH geführten Krankenhaus fürchten, der Senat könnte der Klinik durch "Rechtstricks" die Chance nehmen, sich vor Gericht gegen eine Schließung zu wehren: "Dies wäre ein beispielloser Anschlag auf Demokratie und Rechtsstaat", betonte die Tiergartener SPD-Politikerin Jutta Schauer-Oldenburg, die im vergangenen Jahr ein mehrwöchiges Protestfasten gegen die Klinikschließung organisiert hatte. Staatssekretär Schröder kündigte an, in der nächsten Woche Einzelheiten zur vorgezogenen Umsetzung des Krankenhausplans zu nennen, womit jährlich rund 300 Millionen Mark gespart werden soll.

Unterdessen klagte die Betriebskrankenkasse (BKK) Berlin über "gigantische" Kosten fast sämtlicher Kliniken der Stadt. Eine Analyse des BKK-Bundesverbands über Berliner Preise im Vergleich zu Durchschnittskosten westdeutscher Krankenhäuser habe ergeben, dass an der Spree je Behandlungsfall Mehrkosten von rund 2500 Mark berechnet werden. Ein Berliner Klinikaufenthalt koste statistisch 8092 Mark, in Westdeutschland dagegen nur 5552 Mark, ausgewertet habe man den Zeittraum Anfang 1998 bis Mitte 1999. Hochgerechnet auf die Klinikausgaben für die rund 130 000 Mitglieder der BKK Berlin gebe man jährlich "mindestens 100 Millionen Mark zuviel aus", so Kassen-Vorstand Jochem Schulz. (Beispiele zu Kosten einzelner Häuser siehe Kasten). Als Gründe der Hochpreisregion Berlin nannte Schulz längere Klinik-Liegezeiten (plus 23 Prozent im Vergleich zum westdeutschen Durchschnitt) und höhere Personaldichte. Mit rund 236 Vollzeitkräften je 100 belegte Krankenhausbetten sei Berlin bundesweit "einsame Spitze", auf Platz zwei liege Hamburg mit rund 218 Mitarbeitern je 100 Betten. Diese Zahlen habe das Statistische Bundesamt für das Jahr 1997 ermittelt.

Die Kostenanlayse der Betriebskrankenkassen entspricht früheren Studien. Die hohen Ausgaben hängen vor allem mit dem großen Anteil so genannter Hochleistungsmedizin in der Stadt zusammen, betonen Fachleute seit Jahren. Mit drei großen Uniklinik-Standorten - Charité-Virchow in Wedding, Charité Mitte und Benjamin Franklin in Steglitz - habe Berlin weit mehr High-Tech-Kapazitäten, als für die Krankenversorgung nötig. Dazu komme, dass nahezu jedes Krankenhaus den Anspruch habe, Leistungen wie in einer Uniklinik zu erbringen und über entsprechend teure Geräte verfüge. BKK-Chef Schulz, der als Kassen-Sanierer vor neun Monaten in die Stadt geholt wurde, sagte: "Die Zeiten, da Bonner Finanzspritzen West-Berlin ein sorgenfreies Leben bescherten und in Ost-Berlin für Prestige-Objekte kein Preis zu hoch war, gehören der Geschichte an."

Bernhard Koch

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