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Berlin: „Jeder Job ist besser, als vom Staat zu leben“

Doeko Pinxt (29) und Stella de Wijk (24), Kulturpädagogen aus Nimwegen

Was sie haben: 840 Euro. Sie zahlen 400 Euro Miete.

Was sie daraus machen: Arbeiten für den holländischen Mindestlohn, bauen daneben Kulturprojekte auf.

Was sie wollen: Ihre Projekte zum Hauptberuf machen.

„Große politische Themen, sind wir das denn nicht alle.“ Unterschrieben mit Loesje, einem holländischen Mädchennamen. Dieser Zettel klebt an der Wohnungstür von Doeko Pinxt und seiner Freundin Stella de Wijk. Loesje, das ist eine international tätige, niederländische Organisation, „eine Mischung aus Amnesty International und Greenpeace“, erklären die beiden. Das Paar wohnt spärlich möbliert im Hinterhaus. Klappstühle, offene Regale, schlichte Schreibtischplatten, dafür viele Kabel. Quer durch das Arbeitszimmer ist eine Wäscheleine gespannt. Darauf hängt fast alles, was sie im Koffer hatten, als sie vor einem Jahr von Nimwegen nach Berlin kamen.

Gekommen sind sie im Auftrag von Loesje, um im Berliner Büro für den niederländischen Mindestlohn zu arbeiten. Seitdem der Vertrag von Stella ausgelaufen ist, leben sie allein von Doekos Gehalt: 840 Euro für einen 30-Stunden-Job. Knapp 100 Euro unter der deutschen Armutsgrenze. Aber Armut ist relativ. Aus ihrem Blickwinkel sind sie „ganz schön reich“: „In Berlin kosten die Wohnungen nur halb so viel wie in Nimwegen.“

Dort haben sie auch jede Arbeit angenommen, in Fabriken gearbeitet, Lastwagen bepackt, Möbel geschleppt – alles mit einem abgeschlossenen Studium. „Weil jeder Job besser ist, als vom Staat zu leben“, sagt Doeko. Dass erst jetzt eine Unterschicht-Debatte in Deutschland entbrannt sei, wundere ihn. Die „Generation Nichts“ sei in Holland schon in den Neunziger Jahren ein Thema gewesen. Deshalb ist ihm seine Arbeit als Sozial- und Kulturpädagoge so wichtig, auch wenn er woanders mehr verdienen könnte. „Wir wollen die Welt ein bisschen besser machen. Menschen in einer positiven, humorvollen Art dazu bringen, sich zu engagieren.“

Irgendwann will er seine Firma für audiovisuelle Kunst, die er gegründet hat, ganz groß sehen. Auch Stella hat gegründet, einen Verein für den Austausch von Musikern. Jetzt hat sie einen Job. Seit Dezember arbeitet sie bei der kanadischen Botschaft in Berlin. Es ist ihr erster normal bezahlter Job, Vertrag unbefristet.

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