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Berlin: Jeder zehnte Schüler schafft keinen Abschluss

Bildungsbericht dokumentiert große Defizite bei armutsgefährdeten Familien. Opposition: Chancen sind vom Geldbeutel abhängig

Berlin / Potsdam - Jeder vierte Schulabgänger in Berlin und Brandenburg schließt keine Ausbildung ab, etwa elf Prozent der Jugendlichen machen nicht einmal einen Schulabschluss: Die Daten, die der am Mittwoch vorgestellte zweite gemeinsame Bildungsbericht Berlins und Brandenburgs dokumentiert, zeigen deutlich, wo die Probleme in beiden Ländern liegen – seit Jahren schon. „Da gibt es nichts schönzureden“, sagte Brandenburgs Bildungsstaatssekretär Burkhard Jungkamp (SPD) bei der Vorstellung des Berichtes. „Wir haben große Probleme.“

Es sind keine völlig neuen Zahlen, die das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg und das Institut für Schulqualität (ISQ) beider Länder auf 412 Seiten zusammengetragen haben. Der Bericht, der alle zwei Jahre vorgelegt werden soll, sammelt sämtliche verfügbaren Daten über die Bildungsbiografien von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen – von der Kita bis zur Hochschule. „Wir müssen die Ausgangslage kennen, um sie analysieren und entsprechend handeln zu können“, sagte Berlins Bildungsstaatsekretärin Claudia Zinke (SPD). Der Bericht enthalte aber keine politischen Handlungsempfehlungen, betonte Ulrike Rockmann, Präsidentin des Statistikamtes.

In Text, Tabellen und Diagrammen listet der Bericht alle jene Faktoren auf, die dazu beitragen, dass die Bildungsbilanz für viele Jugendliche so negativ ausfällt: 40 Prozent der Berliner und 30 Prozent der Brandenburger Kinder leben mit mindestens einem Risikofaktor – sie kommen etwa aus einer armutsgefährdeten Familie, aus einer Familie mit Migrationshintergrund oder haben Eltern, die weder Abitur noch eine Berufsausbildung haben und somit als „bildungsfern“ gelten. „Diese Risikofaktoren beeinflussen die gesamte Bildungsbiografie“, sagte Rockmann. Laut Wolfgang Wendt vom ISQ sind etwa in Berlin unter denjenigen ohne Schul- und Berufsabschluss fast nur Jugendliche mit Migrationshintergrund. Rechne man diese heraus, liege die Berliner Quote dagegen fast im Bundesdurchschnitt, sagte Wendt.

Auch in Brandenburg erklärt sich der hohe Anteil von Schulabgängern ohne Abschluss zu einem großen Teil durch eine Personengruppe: die Förderschüler. 55,7 Prozent derjenigen ohne Schulabschluss hatten dem Bericht zufolge eine Förderschule besucht. Anders als in Berlin ist es in Brandenburg nicht vorgesehen, dass Schüler an Förderschulen einen allgemeinbildenden Abschluss machen. „Die Förderschulen sind eine Bildungssackgasse“, räumte Staatssekretär Jungkamp ein. „Das ist ein strukturelles Problem, das wir lösen müssen.“ Die brandenburgische Landesregierung wolle die Förderschulen verändern, „wenn sie denn überhaupt bestehen bleiben“.

Von den Oppositionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus kam prompt Kritik an dem Bericht. „Das alles haben wir auch nach dem ersten Bildungsbericht vor zwei Jahren schon gewusst“, sagte Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen. „Nach wie vor entscheidet der Geldbeutel der Eltern über die Bildungschancen der Kinder.“ Passiert sei in der Zwischenzeit kaum etwas. Sascha Steuer, bildungspolitischer Sprecher der CDU, verwies auf die Forderung seiner Partei nach verpflichtendem Deutschunterricht noch vor der Einschulung. So könnten Bildungsdefizite gleich behoben werden, bevor sie sich durch die gesamte Schullaufbahn fortsetzen.

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