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Berlin: Jenseites des Ost-West-Konflikts: Lieblings-Grüner der Schwarzen für rot-rot-grüne Koalition

Der Bündnis 90/Grüne-Abgeordnete Burkhard Müller-Schoenau, dem Sympathien für ein schwarz-grünes Bündnis nachgesagt werden, hat sich eindeutig für eine Koalition mit der SPD "und wenn erforderlich mit der PDS" - nach der Abgeordnetenhauswahl 2004 - ausgesprochen. In einem Artikel für die Parteizeitung "Stachel" forderte Müller-Schoenau die Berliner Sozialdemokraten auf, "ernsthaft ein Ende der Großen Koalition und ein Bündnis links von der CDU, auch unter Einbeziehung der PDS" anzustreben.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Bündnis 90/Grüne-Abgeordnete Burkhard Müller-Schoenau, dem Sympathien für ein schwarz-grünes Bündnis nachgesagt werden, hat sich eindeutig für eine Koalition mit der SPD "und wenn erforderlich mit der PDS" - nach der Abgeordnetenhauswahl 2004 - ausgesprochen. In einem Artikel für die Parteizeitung "Stachel" forderte Müller-Schoenau die Berliner Sozialdemokraten auf, "ernsthaft ein Ende der Großen Koalition und ein Bündnis links von der CDU, auch unter Einbeziehung der PDS" anzustreben. Dafür müssten jetzt schon die Weichen gestellt werden. Dazu gehöre auch der Aufbau eines SPD-Spitzenkandidaten, der persönlich glaubwürdig für eine Alternative zur CDU/SPD-Koalition stehe.

Es gehe ihm auf die Nerven, ständig als Protagonist eines Grünen/CDU-Bündnisses herumgereicht werden, sagte Müller-Schoenau gestern dem Tagesspiegel. Der Vater des 42-jährigen Abgeordneten gehört zur CDU-Gründergeneration in Berlin; außerdem ging der Grünen-Politiker mit dem heutigen CDU-Generalsekretär Ingo Schmitt auf die gleiche Schule. "Dafür kann ich doch nichts", meinte Müller-Schoenau, der von jüngeren, liberalen CDU-Leuten durchaus umworben wird. In seinem Aufsatz für das Parteiblatt warb der Grünen-Abgeordnete aber nicht für Schwarz-Grün. "Ideologische Glaubenskriege über das Verhältnis zu den Postsozialisten von der PDS helfen allein Eberhard Diepgen und der CDU, nur ein pragmatischer Kurs hin zu neuen Mehrheiten jenseits des alten Ost-West-Konflikts bietet 2004 eine echte Alternative."

Dafür müsse die SPD selbstbewusst und offensiv werben, schreibt der Grünen-Abgeordnete. Das erfordere Mut. "Das Votum für eine PDS-Bürgermeisterin in Friedrichshain-Kreuzberg ist für viele offenbar der Startschuss." Wenn diese Zusammenarbeit jetzt auf Bezirksebene eingeübt werde und dann auch funktioniere, werde es der CDU immer weniger gelingen, mit der Warnung vor einem rot-grün-roten Bündnis Stimmung zu machen. Bisher hätte die Einbeziehung der PDS in ein Regierungsbündnis die SPD-Basis zerrissen, so Müller-Schoenau. "Wir Grünen konnten uns bequem hinter dieser Tatsache verstecken, ohne unseren internen Streit über die PDS austragen zu müssen." Doch diese Fronten begännen zu bröckeln. Das Verhältnis zur PDS werde, auch im Westen, zunehmend "entdramatisiert".

Es sei kein Wunder, dass sich nach der dritten Auflage der Großen Koalition in allen politischen Lagern starke Kräfte einig seien, "das dies das letzte Mal gewesen sein muss." In allen Parteien, so Müller-Schoenau, würden neue Konstellationen diskutiert. "Es gibt plötzlich keine Lager mehr, sondern vor allem Pragmatismus." Neben Rot-Rot werde auf bezirklicher Ebene nun Schwarz-Grün einstudiert, auch der Finanzsenator "und CDU-Hoffnungsträger" Peter Kurth werbe gelegentlich dafür. Das gilt übrigens auch für andere Jungpolitiker in der Berliner Union, die aber von der öffentlichen Einladung ihres Generalsekretärs Schmitt an die Grünen, gemeinsame Gespräche zu führen, nichts halten. Eine Umfrage unter den jüngeren Unionsabgeordneten ergab, dass niemand an den - von Schmitt bisher nur angekündigten - Treffen teilnehmen will.

"Eine Initiative zur Unzeit, das kommt in der CDU nicht gut an", sagte der Junge-Union-Landesvorsitzende Kai Wegner gestern. Auch Nicolas Zimmer, Sprecher der "Jungen Gruppe" der CDU-Abgeordnetenhausfraktion, fühlt sich nicht angesprochen, und der 34-jährige CDU-Wirtschaftspolitiker Heiner Kausch zuckt ebenfalls nur mit den Schultern. "Mit Grünen-Politikern habe ich seit Jahren Kontakt." Wie andere Parteifreunde auch. Eine Showveranstaltung a la Schmitt wird offenbar als überflüssig empfunden. "Zu was will mich der Generalsekretär einladen?", lacht Alexander Kaczamarek, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. "Den Müller-Schoenau sehe ich doch auch so fast jeden Tag."

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