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Schubset, frohlocket. Kreuzberger feiern die Geburt des Jesuskinds. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa/dpaweb

Berlin: JESUS IN BERLIN

Ach, liebe Leser, was kann denn noch kommen? Wenn Sie dies lesen, ist die Welt nicht untergegangen – und alle wollen nur noch Weihnachten und Tradition.

Ach, liebe Leser, was kann denn noch kommen? Wenn Sie dies lesen, ist die Welt nicht untergegangen – und alle wollen nur noch Weihnachten und Tradition. Schlechte Zeiten für neue Texte – weshalb wir es heute bei gelinden Aktualisierungen belassen. Meint was? Na, Lukas 2, 1 ff., Berlin Style:

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von den Finanzmärkten an die Volkswirtschaften ausging, dass junge, gut ausgebildete Akademiker in Südeuropa keinen Fuß mehr in den Arbeitsmarkt ihres Landes bekommen würden. Das geschah zur Zeit, da die Mieten in Berlin noch

bezahlbar waren. Und jedermann ging, so zumindest der Eindruck der Berliner, dass er wohnen und nebenbei als DJ jobben könne, ein jeder in diese Stadt. Da machte sich auf auch José aus Galizien, aus der Stadt A Coruña, in das deutsche Land zur Stadt Herthas, die da heißt Berlin, weil er von Haus aus arbeitsloser Altsprachler war, damit er eine Bar aufmachen könne mit Maria, seinem vertrauten Weib, die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie hausgebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in ökologisch verträgliche Stoffwindeln und legte ihn in einen vintagemäßigen Ost-Kinderwagen; denn sie hatten kein Geld für einen Bugaboo. Und es stand ein Kältebus ganz in der Nähe, da hüteten des Nachts Punker ihre Hunde (Atze, Zecke, Krätze und Björn Böhning). Und ein Kontaktbeamter trat zu ihnen, und die Klarheit des Sternburger leuchtete um sie. Und der Wachtmeister sprach: „Passt mal auf: Die Spanierin aus der Erasmus-Vollkorn-WG gegenüber hat grad gekalbt! Ist echt süß. Und der Vater verteilt Glühwein!“ Und alsbald war da bei ihm die Menge der struppigen Streetworker, die lobten ihre „Klienten“ und sprachen: „Ich bin o.k., du bist o.k., wenn ich nur den Glühwein seh’.“ Und da die Streetworker wieder zu ihren Altbauten fuhren, sprachen die Punker untereinander: „Yo, lass’ ma gehen und die Geschichte sehen.“ Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und José, dazu das Kind in dem schicken, aber wenig rückenschonenden Kinderwagen liegen. Da sie aber genug von Josés fantastischem Glühpunsch getrunken hatten, taumelten sie zurück zum Kotti und lallten in Richtung der heimatlosen Hipster. Und alle, vor die es kam, wunderten sich der schwer verständlichen Rede. Und die Punker kehrten wieder um, priesen und lobten Josés Flaschengeist um alles, was sie gehört und gesehen hatten. Und da acht Tage um waren, da ward der Name des kleinen Spaniers genannt Jesús Fernández, worauf ein deutscher Standesbeamter ... aber das würde jetzt zu weit führen! Was wir eigentlich nur sagen wollen: Frohe Weihnachten! Wird super! Olé!

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