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Berlin: Jetzt bocken die Tierschützer

Sie protestieren gegen das Rodeo auf dem Volksfest in Dahlem. Der Veranstalter weist die Vorwürfe zurück

„Mustang Sally“ hat genug. Noch einen Schnauber, ein entschlossener Buckelsprung – und dann katapultiert die Stute den Reiter in die Luft. Der klopft sich schließlich am Boden den Staub von der Hose. Drei Wochenenden lang ist die Reitershow von „Rodeo USA“ auf dem Deutsch-Amerikanischen Volksfest in Dahlem zu sehen. Für die Veranstalter ist die Cowboy-Action mit Wallachen, Stuten, Bullen und Kälbern „Herausforderung, Faszination und amerikanischer Mythos“. Für die Gegner etwa von der Tierschutz-Initiative Anti-Corrida „nichts als Tierquälerei zu Zwecken der Belustigung“, sagt Viola Kaesmacher, 29, aus Charlottenburg.

Die Aktivistin hat jetzt mit den Tierversuchsgegnern Berlin und Brandenburg e.V. eine Protestaktion gestartet. Sie schickten Kritik-Mails an den Veranstalter – und schneidern derzeit Pferde- und Kuhkostüme aus Stoff. Auch die Pappmaschee-Köpfe sind fertig. So kostümiert, wollen sich die Gegner am kommenden Wochenende vor das Festgelände stellen und Flugblätter verteilen.

Aber warum die ganze Aufregung? „Das Hauptproblem ist der Flankengurt, der den Tieren umgeschnallt wird, damit sie überhaupt bocken“, sagt Viola Kaesmacher – im Privatleben Pferdefreundin, im Berufsalltag Verlagskauffrau. „Der Gurt wird so eng zusammengezogen, dass die Tiere unter dem Druckschmerz leiden und teils innere Verletzungen davon tragen“, so die Überzeugung der Tierschützerin. Den engagierten Pferdefreunden missfällt auch, dass die Tiere teils mit Sporen bearbeitet werden. Um die ihrer Meinung nach erheblichen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz nachzuweisen, haben sie Videos unter anderem von „Rodeo USA“ gedreht und ausgewertet: „Schwarzes Rind brüllt in der Startbox, geht in die Knie vor Angst“, steht im Protokoll, „weißes Pferd wird brutal mit den Sporen in den Hals getreten“, oder „panisches Pferd versucht, aus der Startbox zu entkommen“.

Axel Geyer, Manager von „Rodeo USA“ aus Kaiserslautern, interpretiert diese Szenen anders. „Haben Sie schon mal ein Reitpferd nach ein paar Tagen aus der Box genommen?“ Da würde man auf den ersten Blick auch von einem Tier in Panik reden, sagt der 36-Jährige. Er arbeitet seit 1987 im Management von „Rodeo USA“, dem einzigen Veranstalter in Deutschland, der die Shows seit 1971 in Europa organisiert. In all den Jahren hätten die Veterinäre nichts gefunden, was einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz hätte belegen können, weist Geyer die Kritik zurück. Sporen würden auch in Reitställen benutzt. Der Flankengurt sei mit Fell gepolstert, Pferd und Rind würden gepudert. Und: „Länger als acht Sekunden darf ohnehin kein Cowboy auf dem Tier sitzen.“ Seine rund 100 Cowboys schätzten ihre Tiere. Auch Ursula Pohlmann, eine Expertin für Pferdeverhalten vom Uniklinikum Freiburg, habe nichts Besorgnis Erregendes festgestellt. „Natürlich haben auch die Berliner Behörden die 21 Pferde, fünf Bullen und vier Kälber untersucht“, sagt Geyer. Unterdessen bezeichneten auch die Grünen im Abgeordnetenhaus das Rodeo als „überflüssige und unzeitgemäße Veranstaltung“. Der Tierschutz sei vor einem Jahr im Grundgesetz aufgenommen worden, und solche „Spektakel sollten der Vergangenheit angehören“. Bei den Shows gibt es übrigens auch mal Verletzte, sagt Rodeo-Chef Geyer. Zumeist unter den Reitern.

Rodeo-Shows an diesem und den beiden folgenden Wochenenden: Sa. 17, 19 und 21 Uhr, So. 15, 17 und 19 Uhr. Erwachsene zahlen 5 Euro, Kinder 2,50 Euro Eintritt.

Annette Kögel

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