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Berlin: Jetzt ist auch das Gehalt nicht mehr heilig

Auch die Evangelische Kirche ist in Finanznot. Pfarrstellen und Gehälter müssen gestrichen werden

Für die evangelischen Kirchenkreise und Gemeinden in Berlin und Brandenburg wird es eng: „Die staatlichen Steuersenkungen ziehen die Handlungsfähigkeit der Kirche gravierend in Mitleidenschaft“, sagte Wolfgang Huber, der Berliner Landesbischof und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, bei der Eröffnung der Landessynode am Mittwochabend.

In Zahlen ausgedrückt: Die Kirchensteuereinnahmen in Berlin und Brandenburg sind in diesem Jahr um zehn Prozent auf 135 Millionen Euro zurückgegangen, ein Rekordtief. Für kommendes Jahr wird ein weiterer Rückgang um mindestens fünf Prozent erwartet. Dazu kommen die Kürzungen der Senatszuschüsse zum Religionsunterricht um fünf Millionen Euro. Die könnten nur ausgeglichen werden, wenn die Religionslehrer auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, sagt Huber, ansonsten könne der Unterricht flächendeckend nicht mehr gewährleistet werden. Zu Gehaltskürzungen sind die Gewerkschaften aber nicht bereit. Die Finanznot der Landeskirche ist eines der Hauptthemen, mit dem sich die 193 Mitglieder des Kirchenparlaments bei der Herbstsynode bis Sonnabend beschäftigen. Sie müssen einen Nachtragshaushalt von 320 Millionen Euro beschließen, 58 Millionen Euro mehr als vorgesehen. „Wir stehen vor einem fundamentalen Strukturwandel“, sagt Generalsuperintendent Martin-Michael Passauer.

In Berlin ist der Kirchenkreis Neukölln einer, den es jetzt besonders heftig treffen werde, so Passauer. Denn bislang ging es den Neuköllnern durch Nebeneinkünfte aus Pachtverträgen noch relativ gut. Doch die seien nun ausgelaufen. Jetzt müssten Pfarrstellen gestrichen werden, übergemeindliche Aufgaben wie die Flughafenseelsorge seien nicht mehr möglich. Besonders dramatisch wirken sich die Kürzungen auch in Brandenburg aus. Der Kirchenkreis Wittstock-Neuruppin zum Beispiel wird nächstes Jahr 80000 Euro weniger zur Verfügung haben. Schon jetzt betreuen die 30 Pfarrer und anderen Mitarbeiter 80 Gemeinden. 2015 wird nur noch Geld für 14 Stellen da sein, hat Superintendent Heinz-Joachim Lohmann hochgerechnet. Bei der großen Sparrunde in der Evangelischen Kirche Mitte der 90er Jahre, ist schon einmal die Hälfte der Stellen weggefallen. „Wir können mit einem Drittel der Mitarbeiter nicht hundert Prozent der Arbeit leisten“, sagt Lohmann. Man werde auch Kirchengebäude aufgeben müssen.

Andererseits kommen auf die Gemeinden neue Aufgaben zu: Zum einen, weil die Diakonie nicht mehr genug Geld für die Jugendhilfe und für Obdachlose hat, und die Gemeinden hier noch stärker gefragt sind. Zum anderen, weil „die Armut in einem beunruhigenden Ausmaß wächst“, wie Bischof Huber sagt, und immer mehr Menschen Hilfe brauchen.

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