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Berlin: Jetzt machen die Ärzte ernst

Am Mittwoch starten die Proteste der Mediziner: Wann und in welchen Bezirken die Praxen geschlossen bleiben

Längere Wartezeiten in überfüllten Arztpraxen, verschobene Behandlungen und weniger medizinische Hilfen auf Kassenschein: Darauf müssen sich die Berliner Patienten jetzt einstellen. Am kommenden Mittwoch wollen tausende Fachärzte und Allgemeinmediziner mit ihren Protestaktionen gegen die derzeitige Gesundheitspolitik beginnen: Vom 29. Januar bis zum 4. März sollen nach einem ausgetüftelten Plan an jedem Werktag jeweils rund 20 Prozent aller Praxen in bestimmten Bezirken oder Ortsteilen geschlossen bleiben. Außerdem kündigen die Ärzte einen „Dienst nach Vorschrift“ an. Sie wollen nur noch Untersuchungen durchführen oder Medikamente verordnen, die von den Kassen tatsächlich bezahlt werden.

Berlins Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat den Ausstand generalstabsmäßig vorbereitet. An jedem Werktag sollen rund 1000 Praxen in bestimmten Bezirken schließen, wobei sich die Planer nicht an den neuen Großbezirken orientierten, sondern an den alten Bezirksgrenzen. Damit kein Patient allzu weit zu einer Ersatzpraxis fahren muss, sollen die Ärzte eines Nachbarbezirks auf jeden Falle im Dienst sein.

„Macht Kreuzberg dicht, hat Friedrichshain offen“, erklärt KV-Chef Manfred Richter-Reichhelm. Aus dem gleichen Grunde werden die größten Bezirke Neukölln, Spandau und Reinickendorf nicht komplett bestreikt, sondern nur jeweils bestimmte Ortsteile – so in Spandau wechselnd der Norden oder Süden. Bis zum 4. März soll jede Praxis fünfmal geschlossen bleiben.

Als Service will die KV eine telefonische Hotline schalten. Unter 3100 3444 erfahren Anrufer, wo sie die nächste geöffnete Praxis der gleichen Fachrichtung finden. Außerdem sollen Streikende an ihrer Türe auf Kollegen im Nachbarbezirk hinweisen.

„Wir untersuchen und behandeln jetzt nur noch das Notwendigste, weil alles weitere von den Kassen als zu viel angesehen und nicht bezahlt wird“, sagt der Chef des Verbandes der Fachärzte, Albrecht Scheffer. Die Gesundheitsversorgung sei durch die Aktionen aber nicht gefährdet. Dies sehen Kassenvertreter ähnlich. So erwartet der Sprecher der Angestellten-Kassen Andreas Kniesche „keine riesigen Probleme“. Und in der Senatsgesundheitsverwaltung hieß es am Sonntag, man sehe der Aktion „gelassen“ entgegen. Berlin sei mit Fachärzten überversorgt, „jeder Zehnte ist zu viel.“ Wenn nur jeweils 20 Prozent die Arbeit verweigerten, kämen auf die Patienten zwar Erschwernisse zu, es bleibe aber niemand ohne medizinische Hilfe.

Ohnehin ist offen, wie viele Mediziner sich an den Aktionen beteiligen werden. Ärztefunktionäre sprechen zwar von einer „explosiven Stimmung“ , doch etliche Praxisinhaber wollen ihre Patienten nicht in einer Zeit mit massiven Infektionen alleine lassen. Deshalb scheren viele Kinderärzte aus, verlautete gestern aus deren Verband. Und die rund 800 hausärztlich tätigen Internisten sind gleichfalls „sehr skeptisch“.

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