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Berlin: Job-Center vor neuer Antragsflut

Wieder Probleme mit Hartz IV: Jetzt müssen Betreuer das Arbeitslosengeld II nach einem halben Jahr ein weiteres Mal bewilligen

Fünf Monate nach Inkrafttreten von Hartz IV arbeiten die neu geschaffenen Job-Center noch nicht so, wie sie sollen. Und schon stehen sie vor einer weiteren organisatorischen Herausforderung: Die alten Bewilligungen für das Arbeitslosengeld II laufen ab. Wer weiterhin Geld erhalten möchte, muss erneut einen Antrag stellen. Denn das Gesetz sieht vor, dass die Unterstützung längstens für sechs Monate gewährt wird. Bis Ende dieses Monats müssen deswegen 34 000 Folgeanträge bearbeitet werden. Richtig ernst wird es dann Ende Juni; dann folgen weitere 133 000 Anträge. Insgesamt erhalten in Berlin 375 000 Menschen Leistungen nach Hartz IV.

Zwar sind die Formulare mit zwei Seiten nicht so umfangreich wie der Erstantrag, der 16 Seiten umfasste; aber auch jetzt muss jeder Fall einzeln per EDV bearbeitet werden. Das bindet in hohem Maße Personal, das bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen ausfällt. Der Leiter der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Arbeitsagenturen, Rolf Seutemann, hätte sich gewünscht, dass das Gesetz den Bewilligungszeitraum nicht so eng gesetzt und den Fallmanagern selber Entscheidungsspielraum über die Dauer gegeben hätte. „Das können die ja durchaus beurteilen“, sagt Seutemann.

Dass es in den Job-Centern auch sonst noch an mancher Stelle hakt und einige bürokratische Schwierigkeiten im Weg stehen, liegt an ihrer Konstruktion. Denn die Beschäftigten sind den Centern nicht direkt zugeordnet, sondern zum einen Teil den Bezirken und zum anderen den Arbeitsagenturen. Deswegen muss sich ein Geschäftsführer, wenn er etwa Überstunden beantragen will, mit zwei Personalräten auseinander setzen. Es ist vorgekommen, dass in einem Job-Center nur ein Teil der Belegschaft am Sonnabend arbeiten musste, der andere nicht, weil die Personalräte unterschiedlich entschieden.

Dass es Anlaufschwierigkeiten bei Hartz IV gab und weiter gibt, bestreitet Seutemann nicht. Dazu zählt auch das Raumproblem. Noch immer ist die Hälfte der Job-Center nicht in ihren endgültigen Gebäuden untergebracht, sondern weiter auf mehrere Standorte verteilt. Seutemann ist zuversichtlich, dass die übrigen sechs Job-Center bis Juli umziehen werden. Auch beim Personal ist der vom Gesetz gewollte Betreuungsschlüssel noch nicht erreicht. Auch hier werde die Zielvorgabe bis zum Sommer erreicht, sagt Seutemann, so dass ein Mitarbeiter nur 75 Arbeitslose unter 25 Jahre betreuen werde oder 150 erwachsene Arbeitslose.

Die jüngste Kritik an den Hartz-IV-Regelungen kann Seutemann nicht nachvollziehen: Was Boulevardmedien am Wochenende als „Intimverhöre“ bezeichneten, bei denen der Arbeitslose zu seinem persönlichen Umfeld befragt wird, ist für ihn Teil der regulären Betreuungsarbeit: Bei individuellen Problemen, etwa bei Suchtproblemen, müssten sich die Fallmanager auch darüber informieren, um Hilfestellungen geben und diese Menschen in den Arbeitsmarkt eingliedern zu können. Das bedeute nicht, dass dieses flächendeckend geschehe.

In der Verwaltung von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) ist die Bilanz verhalten. „Die Job- Center arbeiten, es wird sich aber noch einiges einpendeln müssen“, sagt Sprecher Christoph Lang. „Alle Beteiligten geben sich große Mühe.“ Aber eins sei klar: „Durch Hartz IV schaffen wir keinen einzigen Arbeitsplatz.“

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