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Berlin: Johannes Ludewig erhält die Trophäe für schlechtes Deutsch - eine Salatschüssel und zwei Wörterbücher

Mit Jil Sander hatten es die Sprachhüter leicht dereinst. Die Modeschöpferin, die vermutlich selbst Englisch und Deutsch nicht mehr auseinanderhalten kann, ließ sich den Preis als erste "Sprachpanscherin des Jahres" stillschweigend zustellen.

Mit Jil Sander hatten es die Sprachhüter leicht dereinst. Die Modeschöpferin, die vermutlich selbst Englisch und Deutsch nicht mehr auseinanderhalten kann, ließ sich den Preis als erste "Sprachpanscherin des Jahres" stillschweigend zustellen. Bahn-Chef Johannes Ludewig, gestählt im politischen Geschäft, ist von anderem Kaliber: Er hält Hof, läßt der Presse Getränke servieren und fühlt sich wohl. Außerdem kann er aus dem Stegreif so genschermäßig plaudern, dass praktisch keine Entgegnung dazwischen passt. Schönen Tag noch!

Dabei hat die Deutsche Bahn den Aufpassern des "Vereins zur Wahrung der Deutsche Sprache" ja einiges geboten. "Rail and fly" ist einer dieser seltsamen Werbesprüche, die nie Sinn geben, wie man sie auch dreht und wendet. Schiene und Fliegen? Klingt komisch. Die korrekte Übersetzung laute vielmehr "Fluchen und fliegen", sagt Walter Krämer, der Vereinsvorsitzende, und ob die Bahn das denn gemeint habe? Sein Gegenvorschlag: Zug zum Flug. Kriegt Ludewig gleich als Geschenk, gedruckt auf eine Urkunde.

Der Panscher verzieht das Gesicht und gibt die Trophäe, eine Salatschüssel und zwei Englisch-Deutsche Wörterbücher, an seine Leute weiter. "Zug zum Flug" könne man ja überhaupt nicht aussprechen, sagt er, und überhaupt heiße Railway nun einmal Eisenbahn und es komme darauf an, dass die Fahrgäste - vier Millionen Fahrgäste! - sich zurechtfinden. Der "Ticket Counter" entspricht dieser Anforderung für ihn besser als der schnöde "Reiseschalter", und auch an den "DB-Lounges" will er nicht rütteln lassen, denn die seien international verständlich. Freilich klingt die Alternative der Sprachwahrer, "Zeitraum", auch ein wenig sehr nach Andachtszimmer. Sprachrealistisch wird man wohl sagen müssen, dass die "Lounge" etabliert ist. Ob das auch für den "Service Point" gilt?

Ludewig kämpft wie ein Löwe. "Auskunft" sei doch viel zu wenig, sagt er, der Service Point sei eben nicht einfach nur eine Auskunftsstelle, sondern eine wunderbare Dienstleistungszentrale, und das müsse im Begriff zum Ausdruck kommen; richtig sei doch letzten Endes, "was den Leuten am besten dient". Tja, und die leidigen Klos werde man natürlich nie im Leben "McClean" taufen - aber das sei nun mal der Name der Betreiberfirma.

So geht denn die Preisübergabe friedlich-ergebnislos vorüber. Ludewig erzählt noch, er selbst sei der oberste Sprachwahrer seines Konzerns, denn er ärgere seine Leute unentwegt damit, dass er sprachlich fehlerhafte Briefe zurückgebe. Zwischendurch rutscht ihm, ups, das Wort "Message" heraus, das er sofort zugunsten der guten deutschen "Botschaft" wieder einkassiert. Dann zieht er sich in die Chefetage zurück.

Die Sprachwahrer hatten ihren Spaß. Dass sich etwas ändert im Sprachgebrauch der Bahn - das erwarten sie wohl selbst nicht.

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