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Berlin: Jubeln für Jähn

David Ensikat schmäht noch einmal das SEDRegime An einem sonnigen Tag im September 1978 hat das SED-Regime einen Irrsinnsdruck auf mich ausgeübt. Weil es Claqueure brauchte, gab es schulfrei.

David Ensikat schmäht

noch einmal das SEDRegime

An einem sonnigen Tag im September 1978 hat das SED-Regime einen Irrsinnsdruck auf mich ausgeübt. Weil es Claqueure brauchte, gab es schulfrei. Wir bekamen Papierfahnen und Plasteblumen und suchten die Winkplätze an der Straße auf, über die die Fahrzeugkolonne brausen sollte. Die Fahrzeugkolonne mit Erich Honecker, dem ersten Deutschen, dessen Saarländisch wie Sächsisch klang, und Sigmund Jähn, dem ersten Deutschen, der im Weltraum war. Das SED-Regime hatte unsere Klassenleiterin den Druck ausüben lassen: „Wer nicht erscheint, bekommt ein Unentschuldigt eingetragen und hat auch selber Schuld: Wann sieht man schon einen echten Kosmonauten. Einen, der für den Weltfrieden, für uns alle im Weltall war!“ Natürlich war ich da, in Pionieruniform, mit Winkelement.

Muss man sich für so was schämen? Immerhin haben wir Fahnen schwenkende Massen Erich Honecker ja glauben lassen, dass alle sein Regime sehr mochten. Was wäre denn gewesen, wenn schon 1978 keiner gewunken hätte? Andererseits muss man auch fragen, was Sigmund Jähn da gedacht hätte. Der ist immerhin für uns alle und für den Weltfrieden ins Weltall geflogen, wo einem bestimmt immerzu schlecht wird. Heute könnte man ihn das fragen. Er weiht ein neues „Astronautenzentrum“ im ehemaligen Pionierpalast ein. 1979 habe ich mich dort übrigens für die „AG Junger Kosmonauten“ beworben. Das SED-Regime hat mich abgelehnt, und ich habe ihm das sehr übel genommen. Sein Glück, dass es mich nicht nochmal gebeten hat, an der Protokollstrecke mit Fahnen zu winken.

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