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Berlin: Jüdische Gemeinde vor Spaltung

Liberale Mitglieder fühlen sich nicht mehr vertreten

Die Jüdische Gemeinde in Berlin, mit rund 12 000 Mitgliedern die größte deutsche, steht unmittelbar vor der Spaltung. Mehrere hundert Mitglieder planen die Gründung einer eigenen Gemeinde. „Alteingesessene fühlen sich in der jetzigen Gemeinde nicht mehr wohl. Wir werden uns deshalb anders orientieren“, sagte Julius Schoeps, Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums in Potsdam, dem Tagesspiegel. Schoeps kritisiert die „ Selbstbedienungsmentalität des Gemeindevorstands“. Der Historiker war bereits im vergangenen Jahr ausgetreten.

Auch der frühere Vorsitzende Albert Meyer sieht keine Alternative mehr zu einer Neugründung. Der Berliner Anwalt, der die Gemeinde von 2003 bis zu seinem Rücktritt 2005 geführt hatte, zählt zum liberalen Flügel und kritisiert seit langem die orthodoxe Führung unter seinem Nachfolger Gideon Joffe. Man werde nicht länger akzeptieren, dass „die jetzige Führung aus der alten traditionsreichen Berliner Gemeinde einen russischsprachigen Kulturverein machen will“, sagte Meyer dem Evangelischen Pressedienst. Rund 80 Prozent der Gemeindemitglieder sind nach der deutschen Vereinigung aus den Ländern der früheren Sowjetunion zugewandert. Joffe war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Bereits vor zwei Wochen berichtete der Tagesspiegel über die drohende Spaltung der Jüdischen Gemeinde. Anlass neuester Differenzen war die Entscheidung des Kultusdezernenten, Urnenbestattungen auf jüdischen Friedhöfen zu verbieten. Die Einäscherung von Juden entspreche nicht der jüdischen Tradition, schrieb Maw Haymov in der Gemeindezeitung. Die orthodoxen Gemeinderabbiner unterstützen das Verbot. Meyer widersprach dieser Position. Es sei seit 150 Jahren Tradition in Berlin, dass auf jüdischen Friedhöfen Urnenbestattungen stattfinden. sib

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