zum Hauptinhalt

Berlin: Jüdische Gemeinde will nicht sparen

Gemeindeparlament stimmt gegen ein Sanierungskonzept, das Süsskind mit Senat ausgehandelt hat.

Die Jüdische Gemeinde Berlin ist mit elf Millionen Euro überschuldet. Wenn keiner die Notbremse zieht, werden schon 2020 die Einnahmen nicht mehr reichen, um auch nur die Betriebsrenten zu zahlen. Und doch stellte sich die Mehrheit des Gemeindeparlaments am Mittwochabend gegen den mit dem Senat verabredeten Sanierungskurs.

Zuvor war der Senat in Person von Kulturstaatssekretär André Schmitz eigens ins Gemeindehaus in die Fasanenstraße gekommen, um den Parlamentariern ins Gewissen zu reden. „Wir alle können nicht über Jahre mehr Geld ausgeben als wir einnehmen“, sagte Schmitz, „Sie müssen alle Anstrengungen unternehmen, um das Haushaltsdefizit zu überwinden, dazu gehören unangenehme Entscheidungen.“ Grund für die Überschuldung der Gemeinde sind überhöhte Betriebsrenten, die den Angestellten bis 2008 zugesichert wurden. Der Senat gibt einen Zuschuss zu den Renten, aber nur gemessen an dem, was im Öffentlichen Dienst üblich ist. Den Rest zahlt die Gemeinde dazu, was hochgerechnet auf die kommenden Jahre zum Bankrott führt.

2008 hatte der scheidende Vorstand um Lala Süsskind die alte Versorgungsordnung außer Kraft gesetzt. Am Mittwoch sollte das Gemeindeparlament einer neuen Ordnung mit niedrigeren Renten zustimmen. Betroffen sind 430 jetzige und frühere Mitarbeiter. Schmitz wies darauf hin, dass im Staatsvertrag zwischen Senat und Jüdischer Gemeinde Betriebsrenten ausgeschlossen sind, die über dem im Öffentlich Dienst Üblichen liegen. Dagegen habe die Gemeinde verstoßen. Schmitz gestand, dass seine Behörde eine Mitschuld trage, „weil sie den Fehler nicht gesehen hat oder nicht sehen wollte“.

Wegen der überhöhten Rentenzahlungen fordert der Senat 9, 3 Millionen Euro von der Gemeinde zurück. Schmitz deutete an, dass man vielleicht einen Teil erlassen würde, wenn das Gemeindeparlament dem Sanierungspaket zustimmt, das der Senat mit Süsskind und ihrem Team ausgehandelt hat. „Wenn der Senat auf Millionen verzichten soll, braucht es ein Sanierungskonzept“, sagte Schmitz. Denn dann müsse nicht nur der Finanzsenator zustimmen, sondern auch das Abgeordnetenhaus.

Die Mitarbeitervertreter lehnten das Paket ab, weil sie keine konkreten Informationen bekommen hätten. Eine Mediation zwischen Vorstand und Mitarbeitern war nach zwei Treffen gescheitert, weil die Mitarbeiterseite ausgestiegen ist. Der Mediator, ein früherer Richter am Bundesarbeitsgericht, hatte den Eindruck, dass die Mitarbeitervertreter an einem Kompromiss in der Sache nicht interessiert gewesen seien, wie aus einem Brief hervorgeht, der dem Tagesspiegel vorliegt. Das Argument, es würden Informationen vorenthalten, konnte er nicht nachvollziehen. Auch Gideon Joffe, der bis vor kurzem Geschäftsführer der insolventen Treberhilfe war (siehe unten) und im Januar neuer Gemeindevorsitzender werden möchte, stimmte gegen den Sanierungsplan.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false