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© Sönke Tollkühn

Jüdisches Museum: Koschere Gummibären zum Jubiläum

Eine 17-Jährige ist die fünfmillionste Besucherin des Jüdischen Museums. Sie erhielt ein Geschenkpaket und koschere Gummibärchen. Jeder zweite Gast ist unter 30 Jahre alt.

Woran wollen die Nazis einen Juden erkannt haben? „An der Familie“, sagt ein Schüler: „Die haben geschaut, ob die Großeltern auch Juden waren.“ Der junge Mann, der die Klasse durch das Jüdische Museum führt, nickt. Er zeigt auf eine Zeichnung eines antisemitischen Kinderbuchs aus der NS-Zeit . Dort sind noch andere vermeintliche Merkmale genannt: Die sogenannte Judennase, schwarze Haare und der Judenstern. Die Geschichte im Dritten Reich ist nur ein Teil der historischen Dauerausstellung des Jüdischen Museums. Und diese ist seit der Eröffnung des Museums vor sieben Jahren offenbar vor allem unter jungen Leuten außerordentlich beliebt. Museumdirektor W. Michael Blumenthal begrüßte gestern die fünfmillionste Besucherin: eine 17-jährige Schülerin aus Duisburg. Sie bekam ein Geschenkpaket und koschere Gummibären.

Sarah-Denise Heellmanns ist auf Klassenreise in Berlin. Sie zählt zu den 140 000 unter 18-Jährigen jährlich, die das Jüdische Museum besuchen. Laut Befragungen ist fast jeder zweite Besucher jünger als 30 Jahre. „Ein bemerkenswert junges Publikum für ein historisches Museum“, findet Museumssprecherin Eva Söderman. Sie führt das auf ein starkes Interesse an jüdischer Kultur sowie das innovatives Ausstellungsdesign zurück. Interaktive Führungen, Multimedia und iPods als Audioguides sollen das junge Publikum locken.

Mit 733 000 Besuchern lag das Jüdische Museum 2007 auf Rang fünf der Berliner Museen, Platz eins belegte das Pergamonmuseum mit mehr als 1,3 Millionen Besuchern. Fast zwei Drittel der Besucher kommen aus dem Ausland, vor allem aus Italien, den Niederlanden und den USA. Dabei zieht viele auch die ungewöhnliche Architektur des Baus von Daniel Libeskind an, dessen Grundriss an einen zerbrochenen Davidstern erinnert.

Silke Neumann ist bereits das dritte Mal mit Schülern hier. Die Lehrerin begleitet die zehnte Klasse, in die auch Sarah-Denise Heellmanns geht. An dem Duisburger Gymnasium hat die Berlin-Fahrt Tradition: „Es hat sich eingebürgert, dass alle zehnten Klassen für ein paar Tage nach Berlin fahren, um die Hauptstadt kennenzulernen“, sagt Neumann. Das Jüdische Museum sei stets fester Teil des Programms. Viele Schüler wüssten wenig über jüdisches Leben, deshalb wird der Besuch im Geschichts- und Sozialkundeunterricht vorbereitet. Am Nachmittag gehen sie zur Topographie des Terrors.

„Jugendliche kennen Juden vor allem im Zusammenhang mit Auschwitz“, sagt Eva Söderman: „Wir wollen ihren Blick erweitern und Juden als aktive Mitgestalter der Gesellschaft zeigen.“ Zum Beispiel im jüngsten Ausstellungsraum „So einfach war das“: 18 bekannte und unbekannte Juden erzählen via Kopfhörer aus ihrer Kindheit in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach 1945. Vereinzelt sitzen Jugendliche auf Würfeln und hören sich die Erinnerungen fremder Menschen aus einer längst vergangenen Zeit an.

Museumsdirektor Michael Blumenthal wünschte sich einmal, dass irgendwann jeder deutsche Schüler vor seinem Abschluss einmal im Jüdischen Museum gewesen sein sollte. Am Duisburger Steinbart-Gymnasium scheint das schon zu klappen. Sarah-Denise Heellmanns weiß noch nicht so recht, was sie hier erwartet, freut sich aber schon auf die Ausstellung. „Ich finde das gut, dass es hier diese Audioguides gibt“, sagt Mitschüler Aaron Steffen. Die iPods eben.

Christina Kohl

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