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Wanish Shrestha dirigiert beim Jugend-Sinfoniekonzert der Freien Schule Anne-Sophie Zehlendorf am 1.November 2015.

© Ronja Ringelstein

Jugend dirigiert: Die erste Dirigierklasse gibt ein Konzert

Wie klingt es, wenn 14-Jährige ein großes Orchester dirigieren? Am Sonntag ist es beim Jugend-Sinfoniekonzert in Dahlem zu hören.

Von Ronja Ringelstein

Nur ganz kleine Bewegungen mit Hand und Armen macht der Junge, der da vorne auf dem Podest steht. Konzentriert blickt er auf das Orchester, das sich in der Schulkantine zur Probe versammelt hat. Die Haltung des Jungen ist noch ein wenig steif – das große In-der-Luft-Herumgerühre, das man von anderen Dirigenten kennt, scheint nicht sein Stil zu sein.

Aber Wanish Shrestha ist auch erst 14 Jahre alt und gar kein echter Dirigent. Schüchtern wirkt er, aber entschlossen – er will es unbedingt machen: Am Sonntag wird er beim Jugend-Sinfoniekonzert der Freien Schule Anne-Sophie in Zehlendorf dem 80-köpfigen Orchester der Jungen Philharmonie Berlin den Takt vorgeben. Die Freie Schule Anne-Sophie ist eine im Jahr 2012 von der Würth-Gruppe gegründete private Ganztagsschule.

Sieben Schüler werden am Sonntag Dirigenten sein

Wanish ist dort Schüler der ersten Dirigierklasse Deutschlands und sein Musiklehrer Alexander Saier ist stolz, dass er sieben der Kinder dazu bewegen konnte, öffentlich als Dirigenten aufzutreten. Zusammen mit Marcus Merkel, dem Chefdirigenten und Gründer der Jungen Philharmonie Berlin, werden die sieben Schüler am Sonntag Werke von Mozart über Brahms bis Tschaikowsky spielen. Über ein Jahr haben sich die Schüler auf das Konzert vorbereitet.

Für Wanish wird es das erste Mal sein, dass er vor Publikum dirigiert, dabei war die Musik eigentlich nie sein Gebiet. „Vor dem Projekt hatte ich mit Musik nicht viel zu tun, ich konnte nicht einmal wirklich Noten lesen“, erzählt er und wirkt sehr zurückhaltend.

Aufgeregt sei er nur ein bisschen. Er habe viel geübt. Besonders schwierig finde er es aber, in seinen Bewegungen beim Dirigieren ganz genau zu sein. Aber das müsse er auch gar nicht sein, meint sein Musiklehrer. „Bei diesem Konzert geht es nicht um musikalische Perfektion“, sagt Saier.

Die Schüler sollen etwas fürs Leben lernen: Selbstvertrauen

Bei der Probe in der Schulkantine – Wanish steht als Dirigent direkt vor der Theke, wo sonst im Schulalltag das Essen ausgegeben wird – ermutigt Saier seinen Schüler aber trotzdem, noch mehr aus sich herauszukommen und noch mehr Einsatz zu zeigen. „Dirigieren ist nonverbale Kommunikation. Ich zeige Wanish, wie er stehen muss, wie er atmen muss, wie er Gestik und Mimik beherrscht, damit andere ihm und seiner Idee folgen“, erklärt Saier.

Denn darum gehe es im Leben: um Selbstvertrauen und darum, andere überzeugen zu können. Das müssten Kinder fürs Leben lernen. „Auch wenn die Schüler vielleicht niemals Dirigenten werden, sollen sie lernen, wie man die eigene Ausstrahlung trainiert. Das kann helfen, für die Karriere, für eine Prüfung oder für das erste Date.“ Und deshalb wollte der Musiklehrer nicht nur diejenigen Schüler einbinden, die besonders musikalisch begabt sind, sondern einfach alle, die Lust hatten mitzumachen.

Wanish wird bei der Probe mutiger

Wenn man Wanish so bei der Probe zusieht, merkt man, dass es am Anfang schwierig für ihn ist, sich mit „seiner Idee“ beim Orchester durchzusetzen. Profi-Dirigent Marcus Merkel steht neben ihm, hilft ihm, greift an einer Stelle sogar nach seiner Hand und zieht sie weit nach oben. Und plötzlich kommt Bewegung in das Orchester. Und Wanish wird mutiger. Seine Gestik wird ausschweifender, die Musik wird lebendiger. Ein Erfolg – man sieht es in seinem Gesicht.

Die Stücke durften sich die Jugendlichen selbst aussuchen – allerdings aus einer Vorauswahl des Lehrers „Wenn die Kinder ganz frei in der Wahl sind, dann wollen die ja alle die Musik von „Star Wars“ dirigieren“, scherzt Saier. Aber das sei viel zu schwierig für die Kinder. „Wir haben mit recht einfachen Stücken gearbeitet. Und wenn überhaupt mit Noten, dann mit einer vereinfachten Version der Partitur.“

Kinder wollen auch mal der Boss sein

Wanish wird das Intermezzo aus der Karelia-Suite Nr. 1 von Jean Sibelius dirigieren. Das Stück erzähle von einem Reiterangriff, also wohl etwas für Jungs. Das Dirigieren der Stücke brachte er den Kindern auf einem „relativ einfachen Level“, wie er sagt, bei. Wanish hat das Stück sehr oft angehört und dazu die Bewegungen gemacht, die ihm sein Lehrer gezeigt habe. Aber mit live gespielter Musik, die man selbst anleitet, ist es natürlich aufregender.

Am Sonntag vor dem großen Orchester zu stehen, wird für ihn aber auch aus einem ganz besonderen Grund aufregend, schließlich müssen 80 Musiker machen, was er will. Das findet ein 14-Jähriger natürlich klasse: „Ich bin gerne mal der Boss“, sagt Wanish und grinst ein bisschen.

Das Konzert findet am morgigen Sonntag, dem 1. November 2015 von 18 Uhr bis 19 Uhr in der Jesus-Christus-Kirche in Dahlem, Hittorfstraße 23, 14195 Berlin, statt. Die Eintrittskarten kosten 10, ermäßigt 5 Euro.

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