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Berlin: Jugendamt berät über Schulhofschläger

Ein Gericht kann der Familie Auflagen machen oder den Eltern sogar das Sorgerecht entziehen – was gegen deren Willen aber sehr schwer ist

Das Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg prüft jetzt, im Falle des 12-jährigen Lemgo-Grundschülers, der eine Lehrerin des benachbarten Robert-Koch- Gymnasiums niedergeschlagen hat, das Familiengericht einzuschalten, um besser auf die Familie einwirken zu können. Bisher seien die Eltern nicht bereit gewesen, mit dem Jugendamt vernünftig zu kooperieren. Wie Jugendstadträtin Sigrid Klebba (SPD) sagte, wird derzeit das Vorgehen geprüft. Im weitestgehenden Fall kann dazu gehören, den Eltern das Sorgerecht entziehen zu lassen. Möglich sei auch, über das Familiengericht bestimmte Auflagen festzulegen, die die Eltern erfüllen müssen – etwa regelmäßigen der Kontakt zum Jugendamt und der Schule.

„Wir müssen sehen, was in diesem Fall das Beste sein wird“, sagte Klebba. Da in das Elternrecht aufgrund der derzeitigen Rechtslage nur sehr schwer eingegriffen werden kann, hatte sich Bildungssenator Klaus Böger (SPD) im Tagesspiegel dafür ausgesprochen, durch eine Gesetzesänderung Einschränkungen des Sorgerechts zu erleichtern. Nach Angaben des Familiengerichts muss bei einer Entscheidung über Eingriffe in das Sorgerecht das Kindeswohl im Vordergrund stehen. Dies könne gefährdet sein, wenn Eltern nicht verhindern können oder wollen, dass ein Kind kriminell wird. Es gibt allerdings keine Statistik darüber, wie oft in solchen Fällen das Sorgerecht entzogen wurde. Manche Jugendrechtsexperten gehen davon aus, dass Gerichte die Hürden so hoch setzen, dass ein Sorgerechtsentzug gegen den Willen der Eltern nicht durchzusetzen ist. Auch Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) hält deswegen eine Änderung des Familienrechts für notwendig.

Der Junge lebt in einer libanesischen Großfamilie. Ältere Brüder sind nach Angaben der Jugendstadträtin bereits mit Straftaten aufgefallen. Familienhelfer waren nur kurzzeitig tätig. „Es gab keine durchgehende Zusammenarbeit von Seiten der Eltern“, sagt Klebba. Vom Unterricht an der Lemgo-Schule ist der Sechstklässler noch für eine Woche suspendiert. Ob er dorthin zurückkehren soll, konnte Klebba nicht sagen. Nach Ansicht von Senator Böger hat es keinen Sinn mehr, dass der Junge eine normale Schule besucht

Die von ihm niedergeschlagene Lehrerin wurde gestern am Schädel operiert. Die 62-Jährige habe bei dem Schlag einen Gesichtsschädelbruch auf der rechten Seite erlitten, sagte Parwis Mir-Salin vom Klinikum Friedrichshain. Der Bruch habe erfolgreich gerichtet werden können. Die Lehrerin müsse aber noch mindestens eine Woche im Krankenhaus bleiben.

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