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Berlin: Jugendarbeit nur mit Führungszeugnis Debatte nach Missbrauchsverdacht bei „Promote Africa“. Kinderhilfswerk fordert bessere Kontrolle

Nach den Verdachtsfällen von Kindesmissbrauch, die den leitenden Mitgliedern des Berliner Vereins „Promote Africa“ vorgeworfen werden, fordert das Deutsche Kinderhilfswerk jetzt schärfere Regelungen innerhalb des Sozialwesens. „Es kann nicht sein, dass Trainer in Sportvereinen polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen müssen, nicht aber Menschen, die in Vereinen mit Kindern im In- oder Ausland arbeiten“, sagt Michael Kruse, Pressesprecher des Deutschen Kinderhilfswerks.

Nach den Verdachtsfällen von Kindesmissbrauch, die den leitenden Mitgliedern des Berliner Vereins „Promote Africa“ vorgeworfen werden, fordert das Deutsche Kinderhilfswerk jetzt schärfere Regelungen innerhalb des Sozialwesens. „Es kann nicht sein, dass Trainer in Sportvereinen polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen müssen, nicht aber Menschen, die in Vereinen mit Kindern im In- oder Ausland arbeiten“, sagt Michael Kruse, Pressesprecher des Deutschen Kinderhilfswerks. Alle Kinderhilfsvereine sollten polizeiliche Führungszeugnisse von ihrem pädagogischen Personal verlangen, so Kruses Appell. Zudem befürchten jetzt in der Kinderauslandshilfe tätige Vereine wie der Berliner HaitiCare e. V. laut Vorsitzendem Michael Kaasch, dass „nicht nur die Kinder Schaden genommen haben, sondern auch die ehrlich arbeitenden Vereine“, die durch solche Verdachtsfälle diskreditiert werden.

Nach Ermittlungen des zuständigen Landeskriminalamts sitzen sowohl der 57-jährige Tatverdächtige aus Berlin wie auch der 26-jährige verdächtige Mittäter weiterhin in Bayern in Untersuchungshaft. Der 67-jährige ehemalige Waldorfschullehrer und Vorsitzende des Vereins „Promote Africa“ befindet sich in Berlin in U-Haft. „Die bayerischen und Berliner Behörden arbeiten eng zusammen. Es müssen jetzt sichergestellte Datenträger und Kontaktadressen ausgewertet und überprüft werden. Das braucht Zeit“, sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord.

Der elfjährige Junge, der aus Haiti nach Deutschland eingeschleust wurde, befindet sich „in der Obhut der bayerischen Behörden“, wie der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord sagte. Er sei dort „gut aufgehoben“, betonte der Sprecher. Das Kind werde nicht zurück nach Haiti abgeschoben. Ob es an eine Pflegefamilie in Deutschland vermittelt wird, seien Überlegungen, über die die zuständigen Behördenmitarbeiter beraten werden. Die Polizei ermittelt zudem in Sachen des Berliner Pädophilenrings. Gut situierte Tatverdächtige sollen in einem Kinderheim in Haiti, aber auch in Deutschland eingeschleuste Jungen sexuell missbraucht haben. Ein Berliner Amateurfußballer soll den Menschenhändlern geholfen haben.

„Das ist ein Vorfall, der uns sehr bestürzt“, sagte der Botschafter von Haiti, Jean-Robert Saget, dem Tagesspiegel. „Wir haben erst am Freitag aus der Presse davon erfahren.“ Die Botschaft habe sofort Kontakt mit den haitianischen Behörden aufgenommen, damit die Polizei das Kinderheim des 57-jährigen Tatverdächtigen überprüft. Über das Auswärtige Amt versuche der Botschafter auch zu dem elfjährigen Opfer der Männer in München Kontakt aufzunehmen. „Wir haben immer damit gerechnet, dass so etwas passieren kann“, sagte Saget. Seit dem Erdbeben gebe es im Land sehr viele Waisenkinder – leichte Opfer für pädosexuelle Täter .

Der Verein „Farafina“, der das Afrikahaus in Moabit betreibt, streitet ab, in engerem Kontakt zu „Promote Africa“ zu stehen. Einen der beiden Hauptverdächtigen kenne Oumar Diallo, Vorsitzender von Farafina, nur flüchtig. Auf die Vorwürfe, die dem 57-jährigen Tatverdächtigen angelastet werden, reagierte er mit Betroffenheit. Er sei „zutiefst verletzt“ und fühle sich ausgenutzt. Der Verein „Promote Africa“ habe nur die Räume des Afrikavereins für eigene Ausstellungen nutzen wollen – und die Tür stehe generell allen offen, die solche Projekte unterstützen wollen. Der Verein „hat sich mit unserem Namen geschmückt“, sagt der aus Guinea stammende Afrikaner aufgebracht. Das Afrikahaus ist eine 1993 gegründete Kultureinrichtung, die mit kulturellen Beiträgen, etwa Ausstellungen und Filmen, neue Perspektiven für eine deutsch-afrikanische Freundschaft schaffen will.

Unter Fachleuten wird jetzt diskutiert, wie man solche Fälle bereits im Vorfeld verhindern kann. Die Forderung des Berliner CDU-Rechtsexperten Peter Trapp, wonach Gründer eines Vereins künftig beim Eintrag ins Register sogar erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen sollten, löste eine Kontroverse aus. Viele Vereine würden sich mit anderen Zielen gründen und sich später im Kinder- und Jugendbereich engagieren, hieß es bei den Paritätern, dem größten sozialen Dachverband in Berlin. Und ehrenamtliches Engagement könnte gebremst werden.

Das Finanzamt für Körperschaften prüft bei Vereinen die Gewährung einer Gemeinnützigkeit oder Mildtätigkeit – laut dem deutschen Handelsregister ist der jetzt insolvente Verein „Promote Africa“ nicht als gemeinnützig anerkannt. Große soziale Träger und Organisationen wie Diakonie, Stadtmission, EJF, Kinderhilfswerk verlangen jetzt schon Führungszeugnisse von den Mitarbeitern, die mit Kindern zu tun haben, wie es das neue Berliner Kinderschutzgesetz vorsieht. Aber es gilt nicht bei allen Trägern für die Ehrenamtlichen, und auch viele kleine Vereine verlangen kein Führungszeugnis .

Die Waldorfschule Märkisches Viertel hat gestern beschlossen, dass alle beschäftigten Lehrkräfte jetzt ein erweitertes Führungszeugnis nachreichen müssen. „Analog zu anderen Schulen gilt dies seit dem Jahr 2010 bei uns als Einstellungsvoraussetzung“, sagte eine Sprecherin am Montag. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand gebe es aber keine Hinweise auf sexuellen Missbrauch an der Schule. Der Verdächtige hatte hier Englisch unterrichtet. Bei der eingerichteten Telefonnummer für Eltern und Schüler habe sich bislang kein mögliches Opfer gemeldet. Die Schule betonte, dass sie eng mit den Ermittlungsbehörden und vorsorglich mit einer Beratungsstelle zusammenarbeite.

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