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Joe Zinnbauer erreichte am vergangenen Wochenende mit dem HSV ein 0:0 gegen den FC Bayern.

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Bundesligakolumne: Das Trainer-Karussell dreht sich

Jeden Montag lest ihr an dieser Stelle die Kolumne unseres Autors David Fresen über den vergangenen Bundesligaspieltag. Heute zu der Frage, ob ein neuer Trainer etwas verändern kann.

22 Männer stehen auf dem Platz. 22 Männer spielen Fußball. 22 Männer geben alles für den Sieg. 22 entscheiden, wie das Spiel ausgeht. Falsch. Zu einem großen Teil sind es nur 2: Die beiden Trainer. Auf den ersten Blick sind sie vielleicht nur austauschbare Männeken, die dafür sorgen,  dass niemand im Training ein paar Liegestützen auslässt. Manche meinen, dass sie im Endeffekt nicht viel Macht haben, sie können ja im Spiel nicht einfach auf den Platz rennen und selbst ein Tor schießen. Manche Vereine glauben auch an das Gegenteil und machen nur den Trainer für schlechte Zeiten verantwortlich. Der HSV zum Beispiel hat vorige Woche Trainer Mirko Slomka entlassen und führt damit seine Trainer-Philosophie fort. In fünf Jahren gab es sieben Trainer, Interimstrainer nicht mitgerechnet. Der neueste ist nun Joe Zinnbauer – und er zeigt gleich, dass ein Trainer doch Macht hat und etwas bewegen kann. 

Neuer Trainer, neues Glück

Vor dem Spiel gegen den FC Bayern München spekulierten die Meisten eigentlich nur darüber, wie hoch die Niederlage sein würde. Lediglich Bayerns Trainer und Meister im In-Game-Coaching, Pep Guardiola, warnte vor einem möglicherweise aggressiven HSV. Alle Welt tat das als schlichte Höflichkeit ab, die eher zum Motivieren der eigenen Mannschaft diente. Für Guardiola dürfte es wohl kein schönes Gefühl gewesen sein, Recht zu haben. Der HSV spielte unter dem neuen Coach groß auf und erarbeitete sich mit einer couragierten Vorstellung ein torloses Unentschieden – welche Quoten ich darauf wohl im Wettbüro bekommen hätte?

Zinnbauer, ehemaliger Coach der U23, brachte Schwung in die Mannschaft, obwohl er erst drei Tage mit ihr trainiert hatte. Natürlich war zum Beispiel die Kondition nicht allein sein Verdienst, wie er auch selbst anmerkte, sondern auch sein Vorgänger hatte einen großen Anteil am Sieg. Doch dieses Spiel beweist, dass der richtige Trainer eine mittelmäßige Mannschaft zu Höchstleistungen treiben kann, während zum Beispiel Louis van Gaal mit Manchester United (durchschnittlicher Marktwert der Startelf 25 Millionen) gegen Aufsteiger Leicester City mit 5:3 verliert.

Wer wird zuerst gefeuert?

Genauso wie Van Gaal müssen im Moment mehrere Trainer in der Bundesliga um ihren Job bangen. Dauerbrenner Jens Keller hat sich mittlerweile zwar daran gewöhnen müssen, doch da seine Schalker bisher in dieser Saison noch keinen Dreier einfahren konnte, hat er im Moment nicht wirklich überzeugende Argumente auf seiner Seite. Armin Veh konnte in Stuttgart bisher noch nichts bewegen, im Gegenteil, der eine Punkt auf dem Konto der Schwaben zeugt von riesigen, nicht gelösten Problemen. Eigentlich war er doch als Heilsbringer gekommen – und nun wird er vielleicht schon bald wieder gehen müssen. Und zu guter Letzt ist auch Herthas Coach Jos Luhukay nicht mehr unantastbar. In der Hinrunde der letzten Saison stand er noch für taktische Geniestreiche. In dieser Saison sah jedoch noch keiner der Hertha Fans bisher auch nur etwas davon. Stattdessen spielen die Akteure lust- und einfallslos und lassen nichts von der Spritzigkeit erkennen, die in der letzten Saison noch Berlin begeisterte. Manager Michael Preetz wird in den nächsten Wochen abwägen müssen, ob ein neuer Trainer vielleicht wieder Schwung an die Spree bringen kann.

Mit den neuen Trainern ist es aber oft nach ein bis zwei Jahren wieder genauso. Der Euphorie-Effekt nach dem Amtsantritt verschwindet oft genauso, wie die Siegesserien. Die vorher angestrebte Kontinuität konnte bisher nur sehr selten erreicht werden. Vor der Saison wird meistens von langfristigen Projekten gesprochen – doch beim geringsten Anzeichen einer Schwächephase wird sofort die Notbremse gezogen. Die wenigen aktuellen Trainer, die es geschafft haben, über viele Jahre lang bei einem Verein zu wirken, sind Lucien Favre (bei Galdbach seit 2011), Thomas Tuchel (2009 bis 2014 bei Mainz 05), Jürgen Klopp (Dortmund, seit 2008) und der ewige Thomas Schaaf (ehemals von 1999 bis 2013 bei Werder Bremen).

Eine Frau in Hamburg?

Ansonsten fahren die Trainer einer nach dem anderen im Trainerkarussel mit. Nachdem ein Trainer gefeuert wird, wird meistens ein Coach verpflichtet, der eine gegensätzliche Philosophie vertritt. Nach einem jungen Trainer kommt ein alter, nach einem Defensivspezialist ein Verfechter des Erlebnisfußballs, nach einem Trainer-Team ein Einzelgänger. So zum Beispiel beim VfB. Nach Thomas Schneider, der Angriffsfußball mit jungen Spielern spielte, kam Huub Stevens, der auf erfahrene Spieler setzte. Nachdem dieser wiederum abtrat, wurde Armin Veh geholt, der eine Mischung aus beidem vertritt. Danach, wenn man das mal so weiter spinnt, wird wohl Felix Magath kommen. Die armen Schwaben.

Der ist nämlich auch schon unzählige Runden auf dem Trainerkarussel gefahren, nicht immer mit Erfolg. Wenn ein Trainer gefeuert wurde, sucht dieser sich ja keinen Job in der Wirtschaft, sondern geht zum nächsten Verein. Die übersehen geflissentlich, dass derjenige im vorigen Job wenig Erfolg hatte und glauben fest an eine wundersame Wendung, die diesen Trainer im neuen Verein auf einmal erfolgreicher werden lässt. Ab und zu treten neue Trainer auf die Bühne, oft ehemalige Coaches der Jugendmannschaften. Nur selten kommen Trainer von außerhalb, Guardiola ist da die Ausnahme. Und wenn ein Trainer mal kontinuierlich Erfolg hat, dann wechselt er zu einem großen Verein.

Bleibt abzuwarten, wohin die erste Frau geht. Ich wette ja auf Hamburg, da ist die Wahrscheinlichkeit aufgrund des Verschleißes am höchsten.

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David Fresen

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