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Am Boden. Dieses Bild mit Spieler Sebastian Kehl steht symptomatisch für die ganze Mannschaft.

© dpa

Bundesligakolumne: Warum der BVB am Boden liegt

Borussia Dortmund ist auf verzweifelter Suche nach Konstanz. Unter der Woche Weltklasse in der Champions League – und dann zuhause ein 0:1 gegen den (zu dem Zeitpunkt) Tabellenletzten HSV. Ein Erklärungsversuch.

Transfermarkt.de machte daraus gleich eine Diskussionsrunde. Der User Skywalker84, selbst ein BVB-Fan, ist sichtlich verärgert und enttäuscht. Eigentlich hatte er doch ganz andere Vorstellungen, wie die Saison laufen sollte und sagt dann: „Aber, so ist es halt nicht. Wir spielen schlecht, sind hinten offen wie ein Scheunentor und haben vorne null Kreativität. Dazu kommen Fehler von einer aberwitzigen Fatalität”. Treffend analysiert, wie ich finde, und so sehen das auch die meisten anderen Dortmund –Fans. Doch anstatt die Mannschaft auszupfeifen und sie damit weiter zu verunsichern, feiern die Fans sie und sind der Rückhalt für eine Mannschaft, die ganz offensichtlich jedes Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten verloren hat.

Ein Grund sind die Verletzten, die allein eine eigene Mannschaft bilden könnten, die es in die Champions League schaffen könnte. Reus, Gündogan, Mkhitaryan, Sahin und Blaszczykowski sind alle Stammspieler – doch fehlen verletzt. Vor allem Reus wird schmerzlich vermisst. Wo er über die linke Seite Chancen erspielen und zwei, drei Gegenspieler binden würde, ist Großkreutz sichtlich überfordert. Bender und Kehl sind beide Sechser der alten Art - beide sind eher der Typ Zerstörer als dass sie es schaffen könnten, Angriffe erfolgreich einzuleiten. Dort fehlt einfach ein Gündogan, der mit Schnittstellenpässen zum Beispiel den schnellen Aubameyang einsetzen könnte. Ohne passende Zuspiele ist der auf der rechten Seite nämlich verschenkt.

Der einzig wirklich kreative Spieler war Shinji Kagawa, doch der wurde von Hamburg effektiv neutralisiert, indem er konsequent von Valon Behrami verfolgt wurde und so wenige Freiheiten hatte. Trotzdem war er zwischenzeitlich der Spieler von Schwarz-Gelb, der als einziger noch etwas Gefahr aussprühte. Das mündete darin, dass der Revierklub sich in der ersten Hälfte keine zwingende Torchance erspielen konnte. Viel zu wenig für einen Club, der sich vor allem über schnelles Umschaltspiel und dem Erspielen von zahlreichen Torchancen definiert.

Dortmund spielt Flipper

Es wäre falsch, nicht von einer Krise zu sprechen, auch wenn Klopp meint, dass er nicht auf die Tabelle schaue. Stattdessen sollte der Verein diesen Tiefpunkt eher als „Startpunkt für den Rest der Saison“ nehmen und „intensiv“ vor allem „an der Stabilität arbeiten“, gab der 47-jährige als Marschroute vor. Das ist auch dringend nötig, denn die erste halbe Stunde sah auf Dortmunder Seite eher nach Kreisligafußball aus. Viele Kerzen, lange Bälle und Geholze im Mittelfeld spricht nicht für die momentane Philosophie, diese Spielweise hätten die meisten eher den Hamburgern zugetraut, die wiederum ahmten fast das eigentliche Spielsystem Dortmunds nach, indem sie hoch pressten und immer wieder Konter fuhren. Dies lief vor allem über den schnellen Nicolai Müller, der auch das Siegtor vorbereitete, indem er einfach der Dortmunder Innenverteidigung vorbeilief und dann querlegte.

Voraus gegangen war ein katastrophaler Fehlpass von Ramos, der nach dem fulminanten Auftritt beim RSC Anderlecht in diesem Spiel meist auf verlorenem Posten stand. Mit den Fehlpässen war er nicht alleine, in der Anfangsphase sah es zum Teil eher nach Flipper aus als nach Kombinationsfußball. Dies könnte auch daran liegen, dass die Dortmunder mit ihrer Rolle überfordert sind. In den erfolgreichen Jahren konnte man sich darauf beschränken, Konter zu spielen und dadurch Torchancen zu erspielen. Nun muss man vor allem gegen kleine Mannschaften meist das Spiel machen, doch die Gestalterrolle gefällt den Borussen nicht wirklich. So ist auch zu erklären, dass die Dortmunder gegen Klubs wie Arsenal gewinnen und dann gegen die krisengeschüttelten Hamburger zu Hause verlieren.

Nun ist vor allem Klopp gefragt. Schafft er es, die Mannschaft genügend zu motivieren und die Verletzten und Neueinkäufe gut einzubinden, wird Dortmund auch in der nächsten Saison in der  Champions League vertreten sein. Sollte die Krise aber noch ein paar Spieltage andauern, kann das zu einer Abwärtsspirale führen. Hoffen wir es für Schwarz-Gelb, das Kloppo einen Geniestreich aus dem Hut zaubert und wir wieder das Dortmund aus den Double-Jahren zu sehen bekommen.

David Fresen

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