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Jugendgewalt: "Absoluter Autoritätsverfall"

Nach dem brutalen Übergriff auf einen Polizisten in Tempelhof diskutiert Berlin über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern. Die Polizei-Gewerkschaften fordern mehr Schutz für die Beamten.

Berlin - Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sprach sich dafür aus, den Strafrahmen bei derartigen Taten auszunutzen und gegebenenfalls auch Haftstrafen zu verhängen. Er sei "zutiefst befriedigt" darüber, dass nach der Tat in Tempelhof gegen vier Tatverdächtige Haftbefehle erlassen wurden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) dringen auf mehr Schutz für die Beamten und fordern ein konsequenteres Durchgreifen der Justiz. Der Berliner GdP-Chef Eberhard Schönberg sagte, es sei ein "absoluter Autoritätsverfall" festzustellen. Die jüngste Tat sei kein Einzelfall. Die Gewalt gegen Polizisten ist im vergangenen Jahr Schönberg zufolge um zehn Prozent gestiegen.

In Tempelhof war am Freitag ein Kriminalbeamter in Zivil von mehreren Jugendlichen krankenhausreif geschlagen worden. Die mutmaßlichen Täter im Alter zwischen 14 und 16 Jahren hatten Einlass zu einer Schulfete begehrt, der ihnen von anderen Jugendlichen verwehrt wurde. Als der Beamte, dessen Kind auf die Schule geht, sich einschaltete, prügelten die Jugendlichen mit einer Eisenstange und Gürteln mit Metallschnallen auf ihn ein.

Aus dem Krankenhaus entlassen

Nach Angaben einer Polizeisprecherin konnte der Mann am Montagabend aus dem Krankenhaus entlassen werden. "Es geht ihm den Umständen entsprechend", fügte die Sprecherin hinzu. Vier mutmaßliche Täter befinden sich seit dem Wochenende in Untersuchungshaft. Ihnen werden gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch vorgeworfen.

Nach Beobachtungen des Vorsitzenden der DPolG in Berlin, Bodo Pfalzgraf, scheint es so, "als würden die Berliner Polizisten Zielscheibe der Aggressivität von ausländischen Jugendlichen". Viele jugendliche Straftäter haben GdP-Chef Schönberg zufolge offenbar den Eindruck, dass ihr Handeln im Grunde genommen nicht sanktioniert wird. "Es gibt keine Haftstrafen, ganz offensichtlich. Und das bedeutet natürlich für die, dass sie sich alles herausnehmen können und das ist in der Tat auch so, und sie tun es", monierte Schönberg.

Übergriffe immer brutaler

Die Richter müssten ihren Spielraum stärker ausnutzen, forderte er. Gebraucht werde keine Strafverschärfung, keine neuen Gesetze, sondern die Ausschöpfung der Gesetze, um Schlägern und Gewalttätern in Berlin klarzumachen, dass die Gesellschaft ihre Taten nicht wolle. Ähnlich äußerte sich auch Körting. Er befürworte keine Strafverschärfung, sondern plädiere dafür, die Strafrahmen auszunutzen und gegebenenfalls auch Haftstrafen zu verhängen. Die möglichen Sanktionen seien ausreichend, fügte der Senator hinzu.

Nach Angaben von Pfalzgraf ist die Zahl von 3500 jährlichen Attacken auf Polizisten gleich bleibend auf hohen Niveau. Fest stehe jedoch, dass die Übergriffe immer gewalttätiger werden. Viele Jugendliche hätten keinen Respekt mehr vor den Beamten. Der Gewerkschafter fügte hinzu: "Viele meinen, sie könnten all ihre Aggression, ihre Hilflosigkeit und ihren Hass an den Kollegen auslassen". (Von Claudia Pietsch, ddp)

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