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Jugendgewalt: Zu hart im Ton? Fernseh-Verbot für Staatsanwalt

Der umstrittene Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch darf nicht in der ARD-Talkshow von Frank Plasberg "Hart aber fair“ auftreten. Grund dafür könnten seine Forderungen nach schärferen Maßnahmen gegen ausländische Intensivtäter sein.

Von Sandra Dassler

Das Fernseh-Verbot bestätigte sein Vorgesetzter, der Leiter der Berliner Staatsanwaltschaft, Andreas Behm, dem Tagesspiegel. „Das Thema Jugendkriminalität ist sehr komplex und betrifft nicht nur den Intensivtäterbereich, den Herr Reusch leitet“, sagte Behm. „Deshalb ist es sinnvoller und auch üblich, dass der Behördenleiter, der den Gesamtüberblick hat, Anfragen zu einem so vielschichtigen Thema beantwortet.“

Dass Reusch einen „Maulkorb“ erhalten habe, weil er Ende Dezember in einem Vortrag für die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung schärfere Maßnahmen gegen ausländische Intensivtäter gefordert hatte (der Tagesspiegel berichtete), bestritt sein Vorgesetzter. Es existiere nur eine Bitte an Reusch, seinen Behördenleiter um Erlaubnis zu fragen, bevor er Interviews gibt – dies stehe auch im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren, das Justizsenatorin Gisela von der Aue im Frühjahr gegen Reusch angestrebt hatte.

Damals hatte der Leiter der Spezialabteilung 47 für jugendliche Intensivtäter in einem Interview mit dem Magazin „Der Spiegel" als seine persönliche Ansicht geäußert, dass „sobald sich ein Knabe in die falsche Richtung entwickelt, er eine Konsequenz verspüren muss, die ihm wehtut, und Knast tut weh". Außerdem sagte er: „Wenn es rechtlich irgendwie möglich ist, greifen wir zur U-Haft als Erziehungsmittel. Das ist die pure Verzweiflung und weit verbreitete Praxis in Deutschland."

Seine Worte hätten das Gesetz „überdehnt", fand die Justizsenatorin. Das damals eingeleitete Disziplinarverfahren sei noch nicht abgeschlossen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Behm. Dass man Reusch dennoch erlaubt habe, einen Vortrag vor einer Fachöffentlichkeit bei der Hanns-Seidel-Stiftung zu halten, zeige, dass man ihn keineswegs mundtot machen, sondern allenfalls schützen wolle.

Reusch hatte in seinem Vortrag unter anderem ausgeführt, dass in Berlin ein überproportional hoher Anteil der Jugendkriminalität von Mitgliedern arabischer Familien verübt werde, die bereits als Kinder auf eine kriminelle Karriere vorbereitet würden. Bei türkisch-kurdisch-libanesischen Großfamilien müsse davon ausgegangen werden, dass dort „keineswegs selten eine konsequente Erziehung zur professionellen Kriminalitätsausübung stattfindet“. Bei dieser Klientel gebe es – so Reusch – „nur eine einzige Maßnahme, die beeindrucken könnte: die Haft“.

Reusch forderte außerdem „die Ausweisungstatbestände zu verschärfen und die Ausweisungsschutztatbestände zu entschärfen“. Zum Ausländerrecht dürfe sich die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht äußern, kritisierte gestern sein Vorgesetzter Andreas Behm. „Das ist immer schwierig, zumal man momentan schon den Eindruck hat, dass die Problematik krimineller ausländischer Jugendlicher zum Wahlkampfthema wird.“

Vor allem wegen dieser „Wahlkampf-Relevanz“ findet auch Justizsenatorin Gisela von der Aue, dass Behm „völlig richtig reagiert“ habe, wie sie gestern dem Tagesspiegel sagte. Es sei auch angemessen gewesen, dass er sich anstelle von Reusch für die Talkshow von Frank Plasberg anbot. Das habe Plasberg abgelehnt, sagte Behm: „Aber da war er auch der Einzige. Moderatoren anderer Sender wie ARD, RBB oder Stern-tv waren auch mit mir zufrieden.“

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