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Tragischer Unfall in Ahrensfelde: Ein Jugendlicher wurde in der Tür eingeklemmt und mitgeschleift.

© dpa

Jugendlicher mitgeschleift: Sicherheitsmängel bei der S-Bahn?

Ein 19-Jähriger wollte im letzten Moment noch in eine S-Bahn in Ahrensfelde einsteigen und blieb in der Tür stecken. Er wurde mitgeschleift und in das Gleisbett geschleudert. Unklar ist noch immer, warum der Zug losfahren konnte, obwohl die Tür nicht richtig geschlossen war.

Ein alltäglicher Leichtsinn ist am Dienstagabend tragisch geendet – und wirft einmal mehr die Frage nach Sicherheitsproblemen bei der S-Bahn auf. Es war 22.30 Uhr, als ein 19-Jähriger sich in Ahrensfelde von zwei Begleiterinnen verabschiedete und im letzten Moment in die S-Bahn springen wollte. Der Zug der S 7, die in Ahrensfelde endet, hatte vor der Rückfahrt nach Potsdam eine Weile im Bahnhof gestanden.

Jetzt geriet der junge Mann mit dem Arm in die sich schließende Tür. Der anfahrende Zug schleifte ihn mit bis ans Bahnsteigende, wo der Mann über ein Absperrgeländer ins Gleisbett geschleudert wurde. Passanten kümmerten sich um ihn, bevor die Feuerwehr ihn mit schwersten Verletzungen an Kopf und Beinen ins Krankenhaus brachte.

Auch eine der beiden Begleiterinnen des Mannes musste mit einem schweren Schock in die Klinik gebracht werden.

Die Bundespolizei ermittelt nach Auskunft eines Sprechers gegen Unbekannt wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Videobilder von dem Vorfall existierten mangels Aufzeichnung nicht.

Zwar brachte sich das Opfer offenbar selbst in Gefahr, aber eigentlich hätte der Unfall nicht passieren dürfen: Nach Auskunft eines Bahnsprechers fertigen in Ahrensfelde – wie an den meisten Stationen seit Abzug der Aufsichten – die Fahrer ihren Zug selbst ab. Dazu müssten sie mit dem Mikrofon in der Hand aussteigen und den Zug beobachten, bis die Türen sich geschlossen haben. Der Türschließknopf befinde sich am Mikrofon.

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Wenn eine Tür wegen eines eingeklemmten Gegenstandes nicht schließt, bekommt der Fahrer ein Signal – und wird von der Technik am Losfahren gehindert. Nach Auskunft der Bahn werden die Türsensoren bei der Wartung mit einem sechs mal sechs Zentimeter großen Klotz geprüft.

In der Praxis würden die Sensoren meist auch kleinere Hindernisse erkennen, hieß es. Da das Prüfmaß allerdings etwa dem Handgelenk oder Unterarm eines Erwachsenen entspricht, bleibt unklar, warum die Tür sich trotzdem als geschlossen meldete. Außerdem bedeutet der Sechs-Zentimeter-Test, dass beispielsweise ein eingeklemmter Kinderarm zu dünn ist, um bemerkt zu werden.

Für die Bahnen der BVG nennt deren Unternehmenssprecher Klaus Wazlak zwar kein solches Maß, aber versichert: „In den Türgummis gibt es Kontaktleisten, die in den letzten Jahren immer empfindlicher geworden sind. Ein Kinderarm wird inzwischen erkannt.“ Allerdings werde eine kleine Lücke bewusst toleriert, damit nicht etwa ein eingeklemmter Rockzipfel eine U-Bahn lahmlegt.

Der betroffene S-Bahnzug gehört zur relativ neuen Baureihe 481, die das Gros der Flotte ausmacht. Was die Untersuchung des Unfallzuges ergab, war nicht zu erfahren. Klar ist aber, dass das Unglück bei Dunkelheit und am vorletzten von acht Wagen geschah, also rund 120 Meter vom Fahrer entfernt. Die Kameras am hinteren Ende des Bahnsteigs in Ahrensfelde sind nach Angaben der Bahn noch von einem älteren Abfertigungssystem übrig geblieben und außer Betrieb.

Für den Fahrgastverband Igeb seht fest: „Wir brauchen wieder Personal auf den Bahnhöfen, das im Notfall schnell eingreifen kann“, wie Igeb-Vizechef Jens Wieseke sagt. Das Eisenbahnbundesamt prüft nach Auskunft eines Sprechers, ob der Unfall genauer untersucht wird.

Ungeachtet dieser Fragen sind Bahner besorgt über den zunehmenden Leichtsinn von Fahrgästen, die sich in schließende Zugtüren werfen. Offenbar würden manche Passagiere trotz Warntons und roter Lampen die Gefahr ignorieren.

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