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Berlin: Junge Bäume für den kahlen Tiergarten

Der Deutsche Städtetag wird 100 Jahre alt. Der Verband hielt Berlin auch in schweren Zeiten die Treue

Von Sabine Beikler

In den Nachkriegsjahren beschrieb Max Frisch den Berliner Tiergarten als „baumlose Steppe mit den bekannten Kurfürsten“. Während der Blockade und des bitterkalten Winters 1948/49 fällten die Berliner auch die letzten Bäume, um an Heizmaterial zu kommen. Von einst 200000 Bäumen blieben damals nur 700 stehen. Symbolisch pflanzte am 17. März 1949 Berlins damaliger Oberbürgermeister Ernst Reuter die erste Linde im Tiergarten, begleitet von einem Appell des Deutschen Städtetages an seine Mitglieder, tausende von Jungbäumen für Berlin zu spenden. Ohne den Städtetag wäre die Wiederaufforstung des Tiergartens nicht bis Mitte der fünfziger Jahre abgeschlossen worden. Auch in den Folgejahren war Berliner Stadtgeschichte immer eng mit dem kommunalen Spitzenverband verbunden, der am heutigen Mittwoch sein 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt in Berlin feiert.

Nach dem Mauerbau 1961 kam der Städtetag zusammen und solidarisierte sich in einem „Bekenntnis zu Berlin“ mit der geteilten Stadt. Mit Slogans wie „Keinen Pfennig für Ulbrichts Stacheldraht!“ Der Deutsche Gewerkschaftsbund rief zwischen dem 23. August und dem 5. September 1961 zu einem Boykott der von der DDR-Reichsbahn geleiteten S-Bahn im Westteil Berlins auf. Viele Berliner stiegen deshalb auf andere Verkehrsmittel um – mit der Folge, dass Autobusse, Straßen- und U-Bahnen völlig überfüllt waren. Händeringend baten die Berliner Verkehrsbetriebe um zusätzliche Fahrzeuge, die kurzfristig allerdings nicht zu beschaffen waren. Wieder appellierte der Städtetag an seine Mitglieder, Omnibusse für Berlin zur Verfügung zu stellen. Spontan entsandten Städte wie Kiel, Lübeck, Hamburg, Hannover, Frankfurt am Main, München oder Stuttgart Fahrzeuge und Fahrer nach Berlin. Bis ins Jahr 1962 hinein waren in der Stadt 80 so genannte „Solidaritätsbusse“ unterwegs, die schon allein wegen ihrer Heimatlogos wie die „Kieler Verkehrs-AG“ im Stadtbild auffielen.

25 Jahre später überreichte der damalige Präsident des Städtetages, Herbert Schmalstieg, den beiden Bürgermeistern Erhard Krack im Ostteil und Eberhard Diepgen im Westteil Berlins anlässlich der 750-Jahr-Feiern eine Zwillingsbüste des Freiherrn von Stein. Während die West-Büste auf dem Steinplatz in Charlottenburg aufgestellt wurde, wanderte die Ost-Büste auf den Dachboden im Roten Rathaus. Heute steht sie entstaubt und geputzt im Arbeitszimmer von Norbert Kaczmarek, dem Abteilungsleiter für politische Koordination in der Senatskanzlei.

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