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Berlin: Junge Gewalttäter: Auch CDU will Eltern Geld kürzen

Union stimmt Vorstoß des SPD-Landeschefs zu Grüne sprechen von „populistischem Unsinn“

Ungewohnte Unterstützung im Abgeordnetenhaus: Die CDU begrüßte am Montag im parlamentarischen Innenausschuss den Vorschlag von SPD-Fraktionschef Michael Müller, Eltern mit Sanktionen zu drohen, wenn diese es nicht vermochten, ihren Kindern Grundwerte und Regeln zu vermitteln. Gegen ein solches Vorgehen sprachen sich sowohl die Fraktionsvorsitzende des Koalitionspartners PDS sowie Politiker von FDP und Bündnis90/Die Grünen aus.

Müller hatte vor der SPD-Fraktionsklausur in Rostock vorgeschlagen, prüfen zu lassen, ob solchen Eltern zum Beispiel das Kindergeld gestrichen werden könnte. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Frank Henkel fordert seit Jahren eine neue Wertedebatte – und entsprechende Versuche, Jugendlichen die Regeln des Zusammenlebens zu vermitteln. Die CDU-Fraktion habe längst ein 10-Punkte-Programm gegen Jugendgewalt beschlossen, sagte Henkel. Darin gehe es nicht allein um Sanktionsmöglichkeiten bis hin zu geschlossenen Heimen.

Doch Angriffe wie der vor der Lichtenrader Schule zeigten, dass der Staat „dem Werteverfall begegnen müsse“, und zwar auf ganzer Linie. Dazu könne das Kürzen von Transferleistungen durchaus gehören, sagte der CDU-Politiker. Nun will er die einschlägigen – und bislang abgelehnten – Anträge der CDU-Fraktion zum Umgang mit der Jugendgewalt am Donnerstag abermals ins Abgeordnetenhaus einbringen: um zu sehen ob „Müller nur den Mund spitzt oder auch pfeift“, wie Henkel sagt.

Die PDS-Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm hält nichts von Müllers Vorschlag. Sie bezweifle, dass solche Sanktionen überhaupt zulässig seien. Selbst wenn der Kindergeld-Entzug zulässig wäre, stelle sich die Frage, was es bei 15- oder 17-jährigen Intensivtätern noch nutze, wenn ihre Eltern damit rechnen müssen, staatliche Leistungen zu verlieren. Wenn die Eltern solcher Jugendlichen das Sorgerecht verlören, falle das Kindergeld ohnehin weg. Bluhm erinnerte die SPD daran, dass man sich zu Beginn der zweiten Koalition auf anderes geeinigt habe.

So sei es wichtig, alle zu vernetzen, die mit dem Kinderschutz zu tun hätten. Die Familiengerichte müssten so organisiert werden, dass Richter stets für dieselben Familien zuständig sind; dann könnten sie schwierige Familienverhältnisse besser beurteilen. Noch wichtiger sei es, Kinder möglichst früh zu integrieren. Das werde mit den kostenfreien Kitas leichter. Je früher Kinder in die Kitas gingen, desto eher erreiche man ihre Eltern – und könne sie in die Sprachförderung einbeziehen.

Der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann, der dem Innenausschuss angehört, kommentierte Müllers Idee mit den Worten „populistischer Unsinn“. Der FDP-Innenpolitiker Sebastian Kluckert fand den Vorschlag juristisch fragwürdig: Es dürfte schwierig werden, Eltern nachzuweisen, dass sie nichts getan hätten, um ihren Kindern Werte und Regeln zu vermitteln. Genau so gut könnte der Staat den Schulen mit Geldstrafen kommen – denn die hätten bei der Wertevermittlung offenbar auch versagt.

Im Innenausschuss wurde am Montag auch über den brutalen Angriff auf einen Berliner Polizisten vor einer Lichtenrader Schule diskutiert. Polizeipräsident Dieter Glietsch informierte die Sicherheitsfachleute der Fraktionen über den Vorfall am Abend des 19. Januar. Dabei war ein Polizeibeamter in Zivil von sieben Jugendlichen attackiert und schwer verletzt worden. Die Innenpolitiker wollen sich Anfang März bei einer Anhörung über eine offenbar wachsende Bereitschaft zur brutalen Gewalt und den Verlust von Respekt vor Polizisten informieren.

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