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Berlin: „Junge Straftäter müssen Konsequenzen spüren“ Rektoren begrüßen Neuköllner Konzept für Zusammenarbeit von Jugendrichtern und Schulen

Es kommt selten vor, dass Berliner Hauptschulleiter ihre Neuköllner Kollegen beneiden, aber jetzt ist es doch passiert: Die frisch vereinbarte enge Kooperation zwischen Neuköllner Jugendrichtern und Schulen, über die der Tagesspiegel gestern berichtete, ist auf große Zustimmung gestoßen. Vor allem die Ankündigung, Straftäter und gleichgültige Eltern schneller zur Rechenschaft zu ziehen, findet Anklang.

Es kommt selten vor, dass Berliner Hauptschulleiter ihre Neuköllner Kollegen beneiden, aber jetzt ist es doch passiert: Die frisch vereinbarte enge Kooperation zwischen Neuköllner Jugendrichtern und Schulen, über die der Tagesspiegel gestern berichtete, ist auf große Zustimmung gestoßen. Vor allem die Ankündigung, Straftäter und gleichgültige Eltern schneller zur Rechenschaft zu ziehen, findet Anklang. „Sie müssen die Konsequenzen ihres Handelns spüren“, meint die Weißenseer Rektorin Karla Werkentin, denn „mit dem sozialpädagogischen Gesäusel kommen wir nicht weiter.“

Werkentin hat nicht immer so gesprochen. Schließlich war sie mal Bildungsstadträtin der Alternativen Liste. Heute sieht sie das anders. Eine ihrer Schulklassen besteht zu „85 Prozent aus Delinquenten“. Bei ihr sitzen „heulende Mütter“, die jeden Einfluss auf ihre Kinder verloren haben. Werkentin überlegt, mit ihren Schülern mal ein Gefängnis zu besuchen – zur Abschreckung. Das Vorhaben der Neuköllner Jugendrichter, junge Straftäter möglichst innerhalb einer Woche vor Gericht zu stellen, begrüßt sie ausdrücklich.

Ob das Neuköllner Projekt auf alle Problembezirke der Stadt ausgeweitet werden kann? „Das wird vom Erfolg abhängig sein“, sagt Jugendrichterin Kirsten Heisig, die das Konzept mit ihrem Kollegen Günter Räcke entwickelt hat. Schulen in Wedding oder Kreuzberg, die an einer engeren Zusammenarbeit interessiert sind, könne sie nur den Rat geben, sich an die zuständigen Jugendrichter zu wenden. Immerhin: Eine von den beiden Richtern angeregte Änderung gilt ab 1. Januar in ganz Berlin. Für Anzeigen wegen Schulschwänzens sind dann nicht mehr die Verkehrs-, sondern die Jugendrichter zuständig.

Der Moabiter Chefankläger hält viel von dem Projekt. „Dass alle an einem Strang ziehen, ist genau das, was man anstreben sollte“, sagt Andreas Behm. Damit künftig die Neuköllner Jugendlichen nicht mehr ein halbes Jahr, sondern nur noch eine Woche auf ihren Prozess warten, hat Behm extra einen Staatsanwalt als Ansprechpartner ernannt. In der Justizverwaltung reagiert man hingegen etwas verschnupft: „Wir gehen davon aus, dass uns das Konzept noch übermittelt wird“, heißt es. Erst dann könne man die Initiative bewerten.

Der zum Schulrat aufgestiegene Interimsleiter der Rütli-Schule, Helmut Hochschild, steht voll hinter Heisigs und Räckes Konzept und hofft, dass man mit der neuen Gangart „die Zahnlosigkeit der Maßnahmen“ bekämpfen könne. Weder Schulrat noch Richter wollen die Eltern von Schulschwänzern künftig „flächendeckend wegsperren“, weil sie das Bußgeld nicht zahlen. Sie hoffen aber auf einen Abschreckungseffekt. „Wenn der erste Fall publik wird, spricht sich das unter den Eltern sicher ganz schnell herum“, erwartet Hochschild.

„Wir müssen das Netz so eng wie möglich knüpfen“, sagt auch Reiner Haag, Lehrer an der Tempelhofer Werner-Stephan- Hauptschule. Die Schule bildet Dutzende von Streitschlichtern und Vertrauensschülern aus, kooperiert eng mit der Polizei, und gerade gibt es eine „Projektwoche Jugendkriminalität“. Haag begrüßt das Neuköllner Konzept: „Es ist richtig, was die Kollegen da machen.“ Es sei ein „grundsätzlicher Fehler“, dass die Justiz „so zögerlich“ mit jugendlichen Straftätern umgehe.Katja Füchsel/Susanne Vieth-Entus

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