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Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) ist derzeit an mehreren Fronten in Bedrängnis.

© dpa

Justiz in Berlin: Senator Heilmann in Erklärungsnot

Häftlinge türmen aus den Gefängnissen, die Staatsanwaltschaft leistet sich peinliche Pannen: Für Justizsenator Thomas Heilmann läuft es im Moment gar nicht rund. Jetzt stellt das Parlament kritische Fragen.

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Derzeit läuft es nicht gut für Justizsenator Thomas Heilmann . Der CDU-Politiker, dessen Amtszeit dank seines Kommunikationsgeschicks und seines Intellekts bisher als Erfolgsgeschichte galt, hat mehrere Probleme. Zum einen türmen öfters Häftlinge aus den Gefängnissen, und der Senator scheint das Problem nicht mit dem gebotenen Ernst zu betrachten. Zum anderen hat die Staatsanwaltschaft, deren Dienstherr er ist, eine Durchsuchung bei Heilmanns Parteifreund und doppeltem Amtsvorgänger Michael Braun vorgenommen, ohne zuvor die Zustimmung des Rechtsausschusses einzuholen oder Brauns Immunität als Abgeordneter aufheben zu lassen. Zu dieser Causa muss der Senator am kommenden Mittwoch im Rechtsausschuss Rede und Antwort stehen. Vielleicht weiß er bis dahin auch, ob schon Disziplinarverfahren gegen die beteiligten Staatsanwälte eingeleitet wurden. Am Donnerstag war dies noch nicht der Fall.

Mindestens vier Staatsanwälte sollen mit dem Vorgang befasst gewesen sein, auch die Generalstaatsanwaltschaft beim Kammergericht, hieß es. Offenbar kam niemandem die Idee, dass für eine Durchsuchung die Aufhebung der Immunität Brauns nötig sein könnte – obwohl die Affäre um den SPD-Politiker Edathy dafür eigentlich die Sinne geschärft haben müsste. Gegen Chefermittler Andreas Behm läuft bereits wegen einer anderen Sache ein Disziplinarverfahren. Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) sprach den „schwerwiegenden Vorgang“ noch vor Eintritt in die Tagesordnung an. Er beanstandete, dass es keine Mitteilung ans Parlament gegeben habe und forderte, Derartiges dürfe sich nicht wiederholen. Heilmann stimmte ihm zu.

Thomas Heilmann erntet Lacher von der Opposition

Außerdem sind nach dem spektakulären Ausbruch aus der JVA Moabit vor einem Monat am frühen Mittwochabend erneut Häftlinge geflohen – diesmal aus dem offenen Vollzug der JVA Plötzensee, wie Heilmanns Sprecherin Claudia Engfeld bestätigte. Einer von ihnen habe sich zwei Stunden später gegen 20 Uhr wieder gestellt. Der Mann soll stark alkoholisiert gewesen sein. „Wir gehen davon aus, dass auch die anderen sich stellen werden“, sagte die Justizsprecherin. Bei den Ausbrechern handelt es sich um Männer zwischen Ende 20 und Mitte 30, die über das mit Stacheldraht gesicherte Tor geklettert sind. Alle besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft und sitzen Ersatzfreiheitsstraßen ab, weil sie „wegen kleinerer Delikte zu Geldbußen verurteilt“ worden waren, so Engfeld.

Im offenen Vollzug seien kurzfristige Ausbrüche „quasi ein systemimmanentes Problem“, sagte Engfeld. Die Häftlinge dort genössen sehr viel mehr Freiheiten. Eine Anklage haben die Ausbrecher nicht zu befürchten; es werde aber pädagogisch-disziplinarische Maßnahmen geben. Die Ausbrecher erwartet nun der geschlossene Vollzug — mit weniger Besuchsstunden und weniger Freiheiten. Heilmann bestätigte im Parlament, dass es „aus dem offenen Vollzug, wie das jedes Jahr passiert, Entweichungen gegeben“ habe, und erntete Lacher von der Opposition, als er sagte, man könne leicht den Überblick verlieren. Er konnte auf Anhieb nicht alle Fälle aufzählen. Neben den vier Ersatzfreiheitsstrafern sei ein Mann aus dem offenen Vollzug geflohen, habe sich jedoch bereits gestellt und die Flucht als „Kurzschlusstat“ bezeichnet. Auch dieses Thema soll im nächsten Rechtsausschuss besprochen werden.

Hat Heilmann den Ausbruch in Moabit verharmlost?

Das Parlament befasste sich auch mit der Frage, ob Heilmann nach dem Ausbruch aus Moabit den Fall verharmlost habe. Dirk Behrendt (Grüne) hatte am 22. Mai im Parlament von Heilmann wissen wollen, ob er im Senat gesagt habe „Gott sei Dank handelt es sich um einen Milieu-Mörder“. Gemeint hatte er den flüchtigen Metin Michael Müslü, mutmaßlicher Mörder eines Clubbesitzers. Heilmann sagte damals: „Die Ausführung ist weder so gefallen noch so gemeint gewesen.“ Man habe im Senat darüber diskutiert, wie stark eine Gefährdung der Bevölkerung zu befürchten sei. Christopher Lauer (Piraten) wollte am Donnerstag erneut wissen, ob diese Äußerung gefallen sei, und ob Heilmann das Parlament belogen habe.

Dieses Mal antwortete der Regierende Bürgermeister. „Es wäre mir lieber gewesen, wenn Senator Heilmann gesagt hätte, dass Senatssitzungen vertraulich sind. Wir führen keine Wortprotokolle.“ Man habe über die Frage des „so genannten Milieus“ diskutiert. Formulierungen wie diese ließen Interpretationsspielräume zu. „Jeder auf der Flucht stellt eine Gefährdung dar. Nicht mehr und nicht weniger.“ Es sei ihm nicht erinnerlich, dass Heilmann „Gott sei Dank“ gesagt habe. Er wich einer Nachfrage von Heidi Kosche (Grüne) aus, die noch mal fragte, ob Heilmann von einem Milieutäter gesprochen habe. „Das hat er mehrmals außerhalb des Senats getan“, sagte Wowereit und ließ damit offen, ob Heilmann diese Formulierung im Senat gesagt hatte.

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