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Berlin: KaDeWe-Ausbilder diskutieren mit Lehrern über Anforderungen an Berufsanfänger - Viele Schüler sind schlecht vorbereitet

Der junge Mann kaute Kaugummi, war maulfaul, unpünktlich und, gelinde gesprochen, reichlich salopp gekleidet. Damit hat Margarita Wörmann-Anthony im Privatleben wenig Probleme, als Schulungsleiterin des Kaufhaus des Westens jedoch einige.

Der junge Mann kaute Kaugummi, war maulfaul, unpünktlich und, gelinde gesprochen, reichlich salopp gekleidet. Damit hat Margarita Wörmann-Anthony im Privatleben wenig Probleme, als Schulungsleiterin des Kaufhaus des Westens jedoch einige. Und der beschriebene Jugendliche war zu einem Vorstellungsgespräch in das noble Warenhaus eingeladen. Es fiel dann auf Grund seines Auftretens recht kurz aus.

Diesen Fall trug Wörmann-Anthony gestern rund 30 Pädagogen vor, die das KaDeWe zu einem Gespräch eingeladen hatte. Gemeinsam wollte man herausfinden, wieso viele Schulabgänger ungenügend oder gar nicht auf die Anforderungen des Berufslebens vorbereitet sind. Dies zeigt sich nach Aussage der Ausbildungscrew des KaDeWe, die der anwesenden Lehrerschaft Rede und Antwort stand, beispielsweise an Bewerbungsschreiben voller Rechtschreibfehler und einem Auftreten bei den Qualifikationstests, das den immer wichtiger werdenden Anforderungen an sozialer Kompetenz oder Kommunikationsfähigkeit Hohn spricht. So erscheinen Bewerber schon mal beim Vorstellungsgespräch in der Jogginghose oder legen Schulzeugnisse vor, die über 80 Fehlstunden, 50 davon unentschuldigt, ausweisen. Einige der bis zu 1800 Bewerber, die beim Flaggschiff des Karstadt-Konzerns anheuern wollen, zeigen sich gänzlich orientierungslos. "Die wissen gar nicht, wo sie hingehen", berichtet Schulungsleiterin Hannelore-Maria Strahlendorf. Am Ende des Aussiebverfahrens, der schriftliche und mündliche Prüfungen sowie Einzel- und Gruppengespräche beinhaltet, bleiben rund 50 Lehrwillige übrig, die im Kaufhaus des Westens eine Ausbildung machen können. Ihre Chancen auf eine Übernahme stehen sehr gut.

Der sinkende Qualifikationsstandart der Schulabgänger, der von den Handwerkskammern und den Berufsverbänden immer lauter beklagt und mit Untersuchungen belegtwird, stehen immer höhere Anforderungen an die Berufsanfänger entgegen. "Selbst Anlernberufe sind heute komplexe Ausbildungen", berichtete bei dem KaDeWe-Treffen Heike Cramer-Jekosch. Auch ein Gebäudereiniger muss heute eine dreijährige Ausbildung absolvieren.

Was sind jedoch die Ursachen des sinkenden Qualifikationsniveaus? "Die Wirtschaft muss verstärkt in die Schulen kommen", forderte der Lehrer Christoph Herrlinger von der Pommern-Oberschule. Das sei bisher noch zu dünn. Überfordert fühlen sich auch die Pädagogen. Immer höhere Klassenfrequenzen und eine überalterte Lehrerschaft bei zu wenig Förderunterricht und sinkenden Vertretungsmitteln - dies sei Alltag an den Schulen, berichtete eine Betriebsrätin. "Diese Verhältnisse müssen geändert werden", so die Pädagogin. Dazu müsse auch die Wirtschaft Druck auf die Politik machen.

Allerdings kann auch die Schule nicht alles auffangen, was bereits im Elternhaus versäumt wird. Früher seien die Azubis zum Vorstellungsgespräch fast immer mit einem Elternteil erschienen, berichtete Helmut Willecke, Leiter der KaDeWe-Personalabteilung. "Heue kommt das kaum noch vor. Das bedauere ich sehr", sagte Willecke. Dabei kann das Interesse der Eltern ein Bewerbungsvorteil sein. "Das ist ein wichtiges Signal für uns", so Willecke.

wik

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