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Berlin: Kalte Küche

Muss das Restaurant „Al Bacio“ schließen, weil das Bezirksamt untätig blieb?

So hatte sich Henrik Chigani seinen Schritt in die Selbständigkeit sicher nicht vorgestellt. Wasserschäden und horrende Rechnungen zwingen ihn, sein Restaurant „Al Bacio“ am heutigen Sonnabend zu schließen. „Es ist alles schief gelaufen“, sagt der Gastronom. Für ihn ist das Bezirksamt Mitte als Vermieter der Räume für seine Misere verantwortlich. Das hätte ihm zwar viele Versprechungen gemacht, will aber nun nicht dafür aufkommen. So sollten seine Investitionen 57 000 Euro nicht übersteigen – nun aber weigert sich das Bezirksamt, die angefallenen Mehrkosten zu übernehmen. Sein Anwalt will jetzt Ansprüche von etwa 120 000 Euro geltend machen.

Chigani hat sein Lokal in der Lützowstraße, neben der Stadtbibliothek Tiergarten; von der Bücherei aus kann man die Räume direkt betreten. Ein vom Quartiersmanagement Magdeburger Platz/Tiergarten Süd vermittelter Architekt errechnete Kosten von knapp über 50 000 Euro für einen Küchenanbau. Bis diese Summe abbezahlt ist, sollte Chigani das Restaurant sieben Jahre mietfrei bewirtschaften. Außerdem sollte er 7000 Euro für die Elektronik bezahlen. So steht es im Vertrag mit dem Bezirksamt. Tatsächlich musste Chigani fast 90 000 Euro für den Kücheneinbau zahlen. Die bereits bestehenden Räume waren entgegen allen Absprachen nicht bezugsfertig. Chigani beschloss, die Arbeiten vorzufinanzieren und verließ sich auf Zusagen des Quartiersmanagements, dass ihm das Geld zurückerstattet werde. Davon hat er jedoch noch nichts gesehen. Der Wirtschaftsstadtrat von Mitte, Joachim Zeller (CDU), bedauert die Entwicklung, verweist aber darauf, dass es über die Summe von 50 000 Euro keine Vereinbarungen gegeben habe. „Das haben wir nicht zu verantworten. Es war Herrn Chiganis Geschäftsrisiko“, sagte er.

Mit erheblicher Verzögerung eröffnete Chigani im Februar. Sieben Monate später ist jetzt Schluss. „Wir haben alles mit Liebe eingerichtet und wollten eigentlich lange hierbleiben“, sagt Chigani bedauernd. Doch zusätzlich auftretende Kosten verhinderten einen geschäftlichen Erfolg. So gab es unter anderem drei Wasserschäden, um die sich der Bezirk als Vermieter nicht kümmerte. Chigani musste sie selbst beheben lassen. Auch um diese Kosten wird jetzt gestritten. Anwalt Matthias Tüxen erhebt schwere Beschuldigungen gegen das Bezirksamt Mitte . „Die versuchen sich rauszuhalten. Ich bin erstaunt bis fassungslos“, sagt der Jurist. Die juristische Lage ist verworren. Bauherr für den Restaurantanbau ist nämlich nicht das Bezirksamt, sondern der vom Bezirk beauftragte Stadtteilverein Tiergarten e.V, der Träger des Quartiersmanagements ist. Bezirksamt und Verein weisen sich deshalb gegenseitig die Verantwortung zu. Beide führen auch den Architekten als Mitschuldigen an. „Ich habe Herrn Chigani bereits empfohlen, den Architekten in die Pflicht zu nehmen, wenn er schlecht kalkuliert haben sollte“, sagt Michael Klinnert vom Quartiersmanagement.

Doppelt ärgerlich für Henrik Chigani ist, dass er mit seiner Frau eigentlich auswandern wollte. Auf Zypern hatte er sogar schon einen Job in Aussicht. Dann kam nach seiner Aussage das Quartiersmanagement auf ihn zu und bat ihn, sich für die Ausschreibung zu bewerben. „Die haben das Angebot so gut dargestellt, dass wir geblieben sind“, erinnert sich Chigani. Matthias Jekosch

Matthias Jekosch

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