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Kampf gegen das Eis: Nur eine Prise Salz

"Silo leer? – Salz kommt per Mausklick!", steht auf der Internetseite des Unternehmens Esco, von dem auch die BSR ihr Tausalz bezieht. Im Moment gilt: Silo leer! – Salz kommt oder auch nicht.

Gut, völlig leer sind die BSR-Silos noch nicht, und „wir bekommen auch noch Lieferungen“, sagt BSR-Sprecherin Sabine Thümler, „aber eben nicht mehr so viel und so regelmäßig wie bisher.“

Esco ist nach eigenen Angaben der größte deutsche Salzförderer. Die Lieferungen für Berlin kommen aus einem Bergwerk südlich von Magdeburg – sofern sie kommen. „Wir haben eine so hohe Nachfrage in so kurzer Zeit noch nicht erlebt“, sagt Esco-Sprecher Holger Brekemeier. Man liefere jetzt in Abstimmung mit den Behörden vor allem Salz für Fernstraßen und versuche ansonsten „so gerecht wie möglich zu verteilen“. Solange Autobahnen unpassierbar sind, kommt in Berlin ohnehin kein Salz an.

Die BSR hat schon mehr als doppelt so viel gestreut wie sonst im ganzen Winter. Dabei mixen die Streufahrzeuge einen Cocktail aus Natriumchlorid (Kochsalz) und einer Kalziumchloridlösung, den kein Mensch von Hand so sparsam dosieren könnte.

Der Stoff ist das älteste Gift der Menschheit. Das zeigt sich vereinzelt an entzündeten Hunde- und Katzenpfoten, aber vor allem an Straßenbäumen, die das im Boden angereicherte Chlorid in der Vegetationsperiode aufnehmen und braune Blattränder bekommen. „Ahorn und Linden sind besonders empfindlich, aber das Problem betrifft auch Kastanien und Eichen“, sagt Holger Schmidt, der das Pflanzenschutzamt leitet. Das zeigt sich spätestens im Sommer. Das Gift wirkt auf Jahre hinaus, langfristig können die Straßenbäume absterben. In den siebziger Jahren seien die Schäden so massiv geworden, dass die meisten Winterdienste von Salz komplett auf Splitt und Sand umgestellt hätten. Das tat den Bäumen gut, aber schuf neue Probleme: Vom Autoverkehr an die Straßenränder geweht, verkrümelten sich die „abstumpfenden Mittel“ binnen Minuten, so dass Unmengen nachgestreut werden mussten, die spätestens bei Tauwetter die Gullys verstopften. Der Rest wurde mit riesigem Energieaufwand von Kehrmaschinen und Straßenfegern beseitigt und belastete als Feinstaub die Luft. Laut einer Studie des Freiburger Öko-Instituts ist Salz insgesamt sogar weniger umweltschädlich als Splitt. Auch deshalb hofft die BSR, ohne ihren „Plan B“ auszukommen, bei dem nur noch die Autobahn gesalzen und die Stadtstraßen mit einem Gemisch aus Salz und Granulat gestreut würden.

Auf den Berliner Gehwegen und Grundstücken, wo das Verkehrsproblem entfällt, gilt schon seit 1975 ein Salzverbot. Ausnahmen für steile Ausfahrten oder Krankenhäuser und Seniorenheime können bei den Umweltämtern beantragt werden. Wer illegal salzt, muss mit gesalzenen Strafen rechnen: bis zu 10 000 Euro auf Gehwegen und bis zu 50 000 Euro auf Grundstücken. Der Unterschied liegt darin, dass je nach „Tatort“ entweder das Straßenreinigungs- oder das Naturschutzgesetz gilt. Beide Summen sind graue Theorie: „Wir haben keine Tausalzermittlungsgruppe“, sagt Schmiedhofer, und die Ordnungsstadträte versichern, dass sich die Kiezstreifen zurzeit auf glatte Gehwege konzentrieren, nicht auf salzverdächtige Flecken. Stefan Jacobs 

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